Test: AROMA von Ploytec und intelligent sound & music

Von | 25. März 2017

Das Plug-in AROMA verleiht Audiomaterial einen Klang, der sich an Röhrensound oder Tape-Saturation orientiert, aber beides nicht einfach imitiert.

Eine kurze Geschichte der (Studio-)Zeit

Yesterday

Zur Zeit der Beatles und noch Jahrzehnte später wurde Musik mit Tonbandmaschinen aufgenommen. Ende der 1970er Jahre wurde der Aphex Aural Exciter zum heiligen Gral der Klangverbesserung. Er arbeitete mit Phasenverschiebung und generierte zusätzliche Obertöne, um den Klang „frischer“ zu machen. Der durch die Signalkette verursachte Qualitätsverlust sollte damit ausgeglichen werden.

Gerade im Amateur- und semi-professionellen Bereich kämpfte man damals gegen Bandrauschen, Verzerrungen und Gleichlauf-Schwankungen bei preiswerten Geräten. Mit dem Harddisk-Recording war das dann alles Geschichte. Kein Rauschen, Brummen Kopierverlust mehr! Als ich vor Jahren die ersten Berichte über Tape-Simulations-Plug-ins und Sättigungs-Tools las, hielt ich das für Humbug.

Today

Inzwischen verwende ich auch Plug-ins, die aus dem Audiomaterial Obertöne generieren und eine unauffällige, aber wirksame Kompression erzeugen, damit die Musik besser klingt. Dabei ist es mir nicht wichtig, ob der Sound einer speziellen Tonbandmarke bei einer bestimmten Bandgeschwindigkeit emuliert wird, oder die Wärme im Klang eines legendären Röhrengeräts. Hauptsache, es klingt schöner, größer, druckvoller.

Tomorrow

Wenn irgendwann sämtliches Vintage-Equipment in vielfacher Ausführung als Software-Emulation zur Verfügung steht – ich glaube, es ist schon fast so weit – wird es Zeit, neue Wege zu gehen und den Pfad der virtuellen Nachbildung von Vintage Equipment zu verlassen. AROMA von Ploytec und intelligent sound & music ist schon so ein Produkt, denn obwohl sein Effekt mit den Klangeigenschaften von Tonbandsättigung und Röhrengeräten vergleichbar ist, handelt es sich nicht um Imitation. Hier geht es einfach darum, einem Ideal näher zu kommen, bei dem der Sound laut, kompakt und druckvoll ist, aber gleichzeitig transparent und unverzerrt.

 

Bitte alle Abbildungen zum Vergrößern anklicken!

 

Die Stereo-Ansicht

 

AROMA für Gesang, Instrumente und Mix

AROMA soll dem Sound, wie es in der Hersteller-Info heißt, „Eleganz und Anmut“ verleihen, einen Klang der sich an Röhrensound oder Tape-Saturation orientiert. Aber um die Eigenständigkeit dieses harmonic processors zu betonen, haben die Hersteller bei den Bezeichnungen der Bedienelemente Begriffe wie tape simulation oder valve vermieden.

Das Anwendungsgebiet für AROMA ist hauptsächlich das Mastering; AROMA kann jedoch auch verwendet werden, um den Charakter von Gesang oder Instrumenten zu beeinflussen.

Die Flavour-Regler der AROMA-Einheiten eröffnen eine große Bandbreite von Soundbeeinflussung. Das Mid/Side-Processing ermöglicht sowohl Feineinstellung als auch starke Verbreiterung der Stereobasis.

AROMAS Salt-Effekt entsteht durch eine einstellbare Struktur gerader und ungerader Oberwellen. Der Schwerpunkt von Pepper beruht auf ungeraden Oberwellen und ermöglicht einen weiten Bereich von Klangfarben. Sugar fügt die „Süße und Breite“ von analogem Bandmaterials hinzu. Und der Effekt von Chili wird als “höllisch scharf und himmlisch lecker” beschrieben.

 

Das Kochbuch

OK, eigentlich steht „AROMA manual“ über der Bedienungsanleitung. Auf nur 5 PDF-Seiten wird die Verwendung des virtuellen Gewürzregals erklärt. Rezepte mit genauen Mengenangaben gibt es hier nicht, wenn man erst einmal weiß, was die Regler bedeuten, muss man den Sound selbst „abschmecken“.

 

GUI

Die spartanische Gestaltung des Graphical User Interface erinnert mich an Ableton Live. Das hat durchaus Vorteile, auch wenn man wohl nicht, wie bei manchen fotorealistischen Bedienoberflächen, „Sieht das geil aus!“ rufen möchte. Hier braucht man jedenfalls keine Lupe und muss nicht die Nase an den Monitor drücken.

Gleich neben dem AROMA-Schriftzug befindet sich der Umschalter zwischen Stereo- und M/S-Modus. Das Ausklapp-Menü daneben erlaubt den Austausch von Parameter-Einstellungen zwischen den beiden Modi.

 

Die M/S-Ansicht mit dem Ausklapp-Menü für Kopiervorgänge

 

Ganz rechts ist der Ein/Aus-Schalter für das gesamte Plug-in. Jedes „Gewürz“ hat einen eigenen Schalter, im M/S-Betrieb lassen sich Mitten- und Seitensignal getrennt schalten. Bei allen Reglern werden die Werte in % angezeigt. Der obere bestimmt den Wirkungsgrad, der untere ist mit flavour bezeichnet und beeinflusst die Geschmacksrichtung – schließlich ist Salz nicht gleich Salz! Trotz der wenigen Regler ergibt sich so eine große Anzahl von möglichen Feineinstellungen.

Auf der rechten Seite unter compare kann mit einem Klick auf einen der drei Pfeile die aktuelle Einstellung gespeichert werden. Die drei Buttons darüber dienen zum Abrufen gespeicherter Einstellungen. Eigene Settings kann man über die Preset-Verwaltung der DAW speichern; Factory Presets gibt es nicht.

Je ein in und out Regler steuern den Signalpegel vor und nach der Bearbeitung. Wenn das Input-Signal zu laut ist, erscheint ein orangefarbener Ring um den Regler.

 

Quick Start – in wenigen Schritten zum Sterne-Koch

Die kurze Anleitung gibt nur wenige Tipps für das richtige Würzen eines Sound-Menüs; ich übersetze deshalb hier den Originaltext aus dem englischsprachigen Manual:

Aroma ist leicht zu bedienen. Vielleicht möchten Sie gern mit einer kleinen Menge Pfeffer anfangen und verfolgen, wie das Ihre Musik anheizt. Nun drehen sie flavour nach links und rechts bis es auf angenehme Weise zu Ihrem Material passt. Benutzen Sie die Shift-Taste für Feineinstellungen. Klicken Sie auf einen der Pfeile, um das Resultat vorübergehend zu sichern.

Jetzt klicken Sie auf den Parameter Transfer Button und wählen „Stereo params -> MID & SIDE“. Als nächstes wählen Sie Mid/Side processing und erhöhen weiter die Intensität des unteren (side) Reglers. Klicken Sie den zweiten Pfeil, um das Resultat zu sichern. Nun können Sie die compare Buttons benutzen um den Unterschied zwischen Stereo- und Mid/Side-Modus zu hören.

Versuchen Sie, etwas Zucker hinzuzugeben und nehmen Sie wieder etwas Pfeffer weg. Der dritte Pfeil erlaubt das Vergleichen mit den beiden früheren Settings. Zum Schluss probieren Sie aus, wie ein winziges Bisschen Salz und Chilli den Sound abrunden kann. Am Ende ist es eine Sache von Audio-Zutaten und Geschmack. Guten Appetit!

 

Wie klingt es?

Ein Plug-in wie AROMA ist nicht dazu da, den Sound dramatisch zu verändern. Mit anderen Worten: Es kann nicht aus Sch… Gold machen, aber es kann Gold polieren, damit es schöner glänzt. Bei richtiger Anwendung ist die Wirkung sehr subtil und deshalb ist es schwer, aussagekräftige Hörbeispiele zu erstellen. Um etwas deutlich herauszustellen, übertreibt man gern absichtlich. Das halte ich in diesem Fall aber für falsch. So wie man eine Suppe versalzen kann, besteht auch hier die Gefahr, zuviel des Guten zu tun.

Bei den folgenden Beispielen gibt es immer einen kurzen Abschnitt ohne und nach der kurzen Blende mit AROMA. Die Einstellungen entsprechen meinem ganz persönlichen Geschmack. Sollten sie nicht überzeugen, spricht das nicht gegen AROMA. Einer mag es mild, der Andere scharf, beim Essen wie beim Sound. Dem Skeptiker, der meint „Mein SnapFlutsch Freeware EQ kann das genauso“, empfehle ich das Ausprobieren der Demo-Version. Damit ist es möglich zu beurteilen, ob die eigene Musik von zusätzlichem Würzen mit AROMA profitiert.

 

Hörbeispiele

Nach einigen Takten wiederholt sich exakt derselbe Abschnitt der Audio-Datei; die Wiederholung ist mit etwas AROMA gewürzt. Am deutlichsten hört man das beim zweiten Beispiel.

 

 

 

 

“Make your sound great again!” Das Video zu AROMA:

 

Fazit

AROMA von Ploytec und ISM bietet eine wirksame Klangverbesserung, die vor allem digitalen Aufnahmen zugutekommt. Der Sound wird nicht nur durch Hinzufügen von geraden und ungerade Obertönen „aufgefrischt“ wie bei einem Exciter, sondern wirkt auch lauter, ohne dass sich der tatsächliche Audio-Pegel erhöht. Besonders der Regler „Sugar“ bringt Wärme ins akustische Geschehen. Bei dezenter Anwendung erzielt man mehr Transparenz und Räumlichkeit im Mix und auch einzelne Instrumente oder Stimmen lassen sich unauffällig betonen. Der M/S-Modus gefällt mir besonders gut. Damit ist es zum Beispiel möglich, die Seitenkanäle stärker zu betonen als die Mitte, wodurch der Eindruck einer verbreiterten Stereo-Basis entsteht. Die Flavour-Regler erweitern die Klangpalette zusätzlich. AROMA ist ein nützliches Tool, um dem Sound den letzten Schliff zu geben.

 

Preis und Verfügbarkeit

AROMA gibt es für VST2, VST3, AU und AAX, Mac und Windows. Die Demoversion ist kostenlos, die Vollversion kostet €89,-

Produktseiten: Ploytec, ISM

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2 Gedanken zu „Test: AROMA von Ploytec und intelligent sound & music

  1. Franz - Hemann Schmidt

    Hallo Ihr lieben !

    ist ja nicht zu fassen, was habe ich alles in Plug Ins investiert, um das zu erreichen, was man mit Euren Tools
    spielend machen kann.
    Ich brauche gerade als Unterhaltungsmusiker und Entertainer, der sich seine Musik im eigenem Projekt Studio
    erstellt und mischt, so einen gewissen süßen Wohlfühl Klang.
    Manometer, das ist nicht zu fassen.
    Mango habe ich mir gleich gekauft. Der EQ ist leider für Cubase 9.5 nicht 3/64 fähig ??
    Werde mir aber Aroma noch kaufen, welches ich testen will.
    Ja, bleibt mir nur zu wünschen : Weiter so, und ich bin Euer Fan, der auf jeden Fall Empfehlungen nach draußen geben wird.

  2. Pingback: Digitales Remastering: Thirsty Moon 1976/79 › music-knowhow

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