Test: Logic Pro X 10.1 Update (Teil 3)

Von | 5. Februar 2015

Hier geht es um Compressor, Retro Synth, Mellotron, neue Automations-Optionen, Plug-in Manager und mehr Nützliches.

Compressor – praktischer – besser – und auch „schöner“ komprimieren

Die bisherige Qualität der Compressor Plug-ins von Logic Pro kann ich nicht wirklich gut beurteilen, weil ich seit Jahren stattdessen Plug-ins anderer Hersteller verwende. Ich teste gern neue Software, freue mich über gute Qualität – ja, und dann soll sie natürlich auch benutzt werden. Das heißt aber nicht, dass Plug-ins, die sowieso zum Umfang von Logic Pro X gehört, schlecht wären.

Mit neuem grafischen Interface und der Zusammenfassung mehrerer Geräte in einem Plug-in macht „Compressor“ jetzt richtig Lust zum Ausprobieren und genau das habe ich auch getan. Das Plug-in im neuen Design bietet eine skalierbare, Retina-fähige Oberfläche und sieben Modelle. Eines davon ist neu, der „Classic VCA“, der dem DBX 160 nachempfunden wurde.

Sieben auf einen Streich

Das Compressor-Plug-in umfasst gleich 7 Modelle, zwischen denen man per Mausklick verzögerungsfrei wechseln kann. Das war auch schon in der Vorgängerversion möglich, allerdings ziemlich versteckt.

  • Platinum Digital
  • Studio VCA
  • Studio FET
  • Classic VCA
  • Vintage VCA
  • Vintage FET
  • Vintage Opto

Obwohl teilweise im Design an das Aussehen beliebter Hardware-Komponenten angelehnt, die auch technisch als Vorbild gedient haben, sind die Bedienelemente überall fast gleich angeordnet. Nur wenige Regler (KNEE, AUTO RELEASE) sind nicht überall vorhanden. Das macht die Sache praktisch und übersichtlich, wenn man zwischen den verschiedenen Modellen hin- und her wechselt. Auch technisch hat man sich nicht völlig an Vorgaben gehalten, deshalb haben manche Emulationen sogar mehr Einstellmöglichkeiten als die Originale.

Zu jedem Compressor gehört ein Limiter. Damit lässt sich der Sound weiter verdichten und Übersteuerungen lassen sich vermeiden; der Parameter DISTORTION fügt auf Wunsch einen Sättigung-Effekt hinzu.

Studio VCA in Focusrite-Rot

Studio VCA in Focusrite-Rot

 

Vintage VCA, Buttons in SSL-Blau

Vintage VCA, Buttons in SSL-Blau

 

Das Display des Vintage VCA zeigt in der Abbildung anstatt der Meter- die Graph-Ansicht, welche Einstellungen und Wirkungsweise während des Betriebs anschaulich darstellt.

Im folgenden Audiobeispiel habe ich „Compressor“ in der Summe vom Drum-Bus verwendet. Man hört 2 Takte ohne Compressor, 4 Takte „Platinum Compressor“, dann wieder 2 unkomprimierte und schließlich 4 Takte „Studio VCA“.

 

Wirklich neu in der Compressor-Liste ist die Nachbildung des DBX 160. Ich habe hier mal einen Vergleich angestellt und versucht, mit der Softube-Emulation VC 160 (im Vertrieb von Native Instruments) und dem Logic Plug-in möglichst das gleiche Ergebnis zu erzielen.

Das Hörbeispiel umfasst acht Takte. Zuerst hört man vier Takte lang den NI VC 160, danach ohne Umschaltpause das Logic Pro X Plug-in.

Wer hört den Unterschied?

Klingt einer besser als der andere?

 

Retro Synth – Neues aus der Vergangenheit

Die Sound-Bibliothek wurde mit mehr als 200 neuen Synth-Patches ergänzt. Was davon zur Rubrik „Retro“ gehört ist aber deshalb nicht altmodisch. Drum Machines und Synthesizer aus vergangenen Jahrzehnten liefern Sounds, die gern in Produktionen fast jeder Art eingesetzt werden. Die Originale werden nicht mehr hergestellt – die Software-Nachbildungen werden immer besser.

Bis zu 8 voices pro Taste

Bis zu 8 voices pro Taste

Bis zu 8 Stimmen können in der aktuellen Version des Plug-ins gelayert werden. Man erreicht diese Funktion, wenn man unten rechts auf SETTINGS umgeschaltet hat. „Voice Stacking“ (in der Abb. markiert) steht neben der Anzahl der Stimmen pro gespielter Note.

Die eigene Wellentafel

Das virtuelle Instrument Retro Synth verfügt über vier Synthese-Arten. Eine davon ist die vom PPG und der Korg Wavestation bekannte Wavetable-Synthese. Die Grundbausteine eines Klanges, die Wellenformen, werden dabei über die Analyse kurzer Samples generiert.

Wavetable Synth

Der Retro Synth, PPG-blau im Wavetable-Modus

 

In der neuen Version des Plug-ins können eigene User-Wavetables erzeugt werden. Das geht ganz einfach. Zwischen den Reglern SHAPE 1 und SHAPE 2 gibt es ein kleines Display, das im Ausgangszustand „Default Table“ anzeigt. Ein Klick darauf öffnet ein Auswahlmenü mit einer langen Liste unterschiedlicher Wavetables. Man findet dort auch den Punkt „Create Wavetable from Audio File“. Damit kann ein beliebiges Audio File, das Abschnitte mit konstanter Tonhöhe enthalten sollte, von der Festplatte des Computers ausgewählt werden. Die Datei wird dann automatisch analysiert und zum User-Wavetable konvertiert.

Zuerst habe ich eine kurze Sprachaufnahme benutzt. Es erschien dieser Hinweis:

Wavetable nicht erstellt

Wavetable nicht erstellt

Mein Fehler – ich hatte die Anleitung noch nicht gelesen und wusste nicht, dass eine konstante Tonhöhe vorhanden sein muss. Trotzdem habe ich es noch einmal mit Sprache probiert, dieses Mal mit einem längeren Abschnitt mit Pausen. Das hat tatsächlich funktioniert, allerdings wurde nur eine verwertbare Wellenform entdeckt und ich bekam diesen Hinweis:

Wavetable erstellt

Wavetable erstellt

So hört es sich an:

 

Beim nächsten Versuch wählte ich eine E-Gitarren-Einspielung, eine pentatonische Tonleiter über 2 Oktaven. Immerhin 35 Wellenformen wurden entdeckt und für die Wavetable-Erstellung verwendet.

Wavetable mit 35 Wellenformen

Wavetable mit 35 Wellenformen

 

Ich habe beide Wavetables gespeichert und bin besonders vom zweiten Sound angetan. Mit Filter, Hüllkurven-Einstellungen und Modulation lässt sich dieser Klang zukünftig weiter bearbeiten und zu neuen Soundvariationen formen.

Noch mehr Retro-Klänge

Das Mellotron war im Prinzip der erste Sample-Player. Allerdings wurden die Tonaufnahmen nicht digital, sondern analog gespeichert und bei Tastendruck von Tonbandschleifen abgespielt. Die Soundlibrary von Logic Pro X 10.1 enhält nun auch 10 Mellotron-Sounds. Weil es sich dabei um Sample-Sounds handelt, wird der EXS24 als Instrument eingesetzt. Wenn die Klänge direkt aus der Bibliothek geladen werden, erscheinen automatisch Mixer-Kanäle mit vorkonfigurierten Effekt-Plug-ins. Es geht aber auch anders herum: EXS24 in den Instrumenten-Slot für einen leeren Software-Instrument-Kanal laden und aus dem Menü des Sample-Players einen Mellotron-Sound wählen.

Ich habe mit mehreren Instanzen ein kurzes Mellotron-Demo ohne zusätzliche Instrumente improvisiert:

 

Innovation bei der Automation

Die wichtigste Neuerung bei der Automation ist wahrscheinlich die Möglichkeit, Automationsdaten bezogen auf Regionen, nicht nur auf Spuren zu erzeugen. Zwar hat Logic schon immer gefragt, ob man beim Verschieben oder Kopieren auch die Automationsdaten mit kopieren wolle, aber es gab immer nur die durchgehende Spurautomation, mit der man leicht aus Versehen etwas löschen konnte. Daten, die direkt zu einer Region gehören, sind besser zu handhaben.

Regionenautomation

Regionenautomation

Die bekannten Automations-Arten wurden durch weitere Optionen ergänzt. Sowohl „Touch“ als auch „Latch“ können über das gewohnte Auswahlmenü auf „T-Touch“ oder „R-Touch, „T-Latch“ oder „R-Latch“ umgestellt werden. Ist eine dieser Optionen aktiv, wird der Fader im Mixer durchsichtig und eine gelbe Linie, die durch den Schieberegler hindurch scheint, zeigt den Pegel an.

"durchsichtiger" Fader

“durchsichtiger” Fader

Das „T“ steht für Trimmen. Man kann in diesem Modus eine vorhandene Automation bearbeiten, ohne sie ganz neu zu schreiben. Eine relative Änderung, die ich mir manchmal schon gewünscht hatte.

Beispiel Volume-Automation:

Die vorhandenen Automations-Daten werden nicht ersetzt, während man die Region oder Spur an einigen Stellen lauter oder leiser macht, sondern die neuen Daten werden eingerechnet. Während man im Wiedergabe-Modus die Automation „fährt“, kann man die hinzugefügte Automationskurve als rote Linie zusätzlich zur vorhandenen gelben Automationskurve sehen. Wenn Logic stoppt, verschwindet sie und die gelbe Kurve wird entsprechend „upgedatet“.

„R“ bedeutet relativ. Der Unterschied zum Trimmen besteht darin, dass die zweite Kurve sichtbar bleibt. Nach Ausklappen des kleinen Dreiecks (links neben meinem gelben Markierungskreis zu sehen) erscheint sie in einer eigenen Automationsspur. Man kann jetzt beide Kurven über ihre Anfasser-Punkte mit der Maus bearbeiten.

Automationsmodus Relativ-Touch

Automationsmodus Relativ-Touch

 

MIx & mehr

Natürlich ist die Automation auch ein Teil des Mix-Prozesses, es gibt aber noch eine Neuerung: den VCA-Regler. Eigentlich ist das ein „abgespeckter“ Bus-Fader, dem sich beliebige Kanäle zuordnen lassen, um sie gemeinsam in der Lautstärke zu regeln. Panorama, Inserts und Sends gibt es nicht, aber Solo und Mute, Automation ist ebenfalls möglich.

VCA-Regler

VCA-Regler

Weitere nützliche Verbesserungen:

Solo-Button – damit lässt sich der Solo-Modus mehrerer Spuren gleichzeitig aufheben. (Das ging früher nur mit Tastenbefehl.)

Solo-"Master"-Button

Solo-“Master”-Button

Zoom-Button – er bewirkt, dass alle Regionen vertikal dem Arrange-Bereich angepasst werden, so dass sie gleichzeitig sichtbar sind und den vorhandenen Platz ausfüllen.

"Zoom to fit"

“Zoom to fit”

Input-Regler – Audio-Eingänge können vor dem Fader, der ja nur die Wiedergabe steuert, geregelt werden. Dieser „Pegel-Vorregler“ funktioniert sogar mit einem Mikrofon, das im Bildschirm integriert ist, wie es in meiner Abbildung der Fall ist.

Input-Regler

Input-Regler (ganz oben)

Plug-in Manager – Ordnung unter den Plug-ins kann man mit dem Plug-in Manager herstellen, der den AU-Manager ersetzt. Bei mir ist zur Zeit noch die alte Ordnung aktiv (nach Hersteller-Namen), man kann jetzt aber auch z. B. alle Kompressor-Plug-ins in den Ordner „Dynamics“ packen und entsprechend mit den anderen verfahren. Eigene Ordner können über das „+“ erzeugt werden.

Plug-in Manager

Plug-in Manager

 

Fernsteuerung

Auch die Remote-App für das iPad ist in einer neuen Version erschienen und kann jetzt unter anderem auch Plug-ins steuern.

 

Fazit

Logic Pro X wurde in der Version 10.1 weiter verbessert – und für ein kostenloses Update gibt es erstaunlich viele Neuerungen. Zur Zeit kostet die Software EUR 199,-. Das ist ein sehr gutes Preis- Leistungsverhältnis, vor allem wenn man sowieso einen Mac besitzt. Anders herum: Man könnte den Mac auch als teuersten Kopierschutz der Welt bezeichnen. Für mich gilt das nicht, da ich mit jeder Version des Mac OS bisher lieber gearbeitet habe, als mit Windows. Aber das ist natürlich Geschmacksache. Die zu Logic gehörenden Plug-ins werden manchmal unterschätzt, nur weil andere Produkte teurer sind, sind sie nicht automatisch besser.

Nachtrag

Soweit mein Überblick über die meisten neuen Funktionen der Version 10.1. Für alle, die es noch genauer wissen wollen, hier ein Link zu einem PDF. Der Autor ist Heiner Kruse, dessen neues Buch über Logic Pro X damit um ein Kapitel zum Update 10.1 ergänzt wird.

Wie immer freue ich mich über jeden Kommentar zu meinen Artikeln und beantworte auch gern Fragen!

Buch-Tipps:

Ich habe zwei empfehlenswerte Bücher zu Logic Pro X unter die Lupe genommen:
Logic Pro X von David Nahmani
Logic Pro X von Heiner Kruse

Meine aktuellen Testberichte und mehr zum Thema Musik immer hier…

Ein vollständiges Inhaltsverzeichnis meiner Artikel auf facebook hier…

2 Gedanken zu „Test: Logic Pro X 10.1 Update (Teil 3)

  1. Pingback: Test: Logic Pro X 10.1 Update (Teil 2) – Pianorolleneditor › Juergen

  2. Christoph

    Hallo ,
    ich verzweifel am MIDI-FX -Scripter !!!
    Im ext. Midi -spur -modus würde ich so gern, zum Beispiel für Studio Electronics ATC-1 ein script erzeugen um
    z.B. Cutoff per Midi -Control zu steuern und dann dieses script als smart-control vorliegen zu haben .
    Dann hätte ich dies Midi-scripte auch als smart-control auf dem iPad mit der Logic-remote !!!
    Wäre dann ein super Editor für alle externen Klangerzeugern .
    Hast du oder jemand den du kennst so ein Java-script schon erzeugen können ???
    Vieleicht geht das auch gar nicht aber eigentlich müsste Logic X Midi-FX dafür funktionieren .

    Gruß Christoph

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