Test: Brainworx bx_XL V2

Von | 31. Oktober 2012

„Das Bessere ist der Feind des Guten“, sagt man. 2010 brachte Brainworx das Plug-in bx_XL auf den Markt, einen Mastering Limiter mit M/S-Technik. Zwei Jahre später erschien jetzt die Version bx_XL V2. Was hat sich geändert?

Die Belastungsprobe

Ganz erstaunlich ist die Verbesserung bei der Prozessorlast. Ich habe die erste Version im Vergleich zur zweiten mit Logic Pro 9 getestet. Normalerweise würde man nicht mehrere Instanzen in einem Kanal verwenden, aber da Logic alle Plug-ins eines Kanals an ein und denselben Prozessorkern leitet, schien mir das eine gute Idee zu sein.

Kaum zu glauben: Bei vier Instanzen der ersten Version von bx_XL in einem Schlagzeug Bus-Kanal kam ich an die Grenze, von bx_XL V2 konnte ich 14 Instanzen mit jeweils derselben Parameter-Einstellung aktivieren, bevor ein Warnmeldung wegen Überlastung erschien. Sicher – das ist eine praxisfremde Versuchsanordnung, aber auf jeden Fall beweist es, dass die Angabe von Brainworx, V2 verursache 50% weniger Prozessorlast, keinesfalls übertrieben ist!

Der Sound

Durch Foren-Beiträge wurde ich auf die neue Version zuerst aufmerksam. Dort hieß es, es entstünden weniger Klang-Artefakte bei hoher Aussteuerung. Meiner eigenen Erfahrung nach liefert bx_XL auch in der ersten Version bei normaler Anwendung einen sauberen Klang. Ich habe beide Versionen mit unterschiedlichem Material miteinander verglichen und kann bestätigen, dass man mit V2 noch etwas mehr Transparenz erhält, auch wenn der Limiter kräftig zupacken muss. Das bewirken die neuen „Phase-X“ phasen-linearen Crossover Filter, die beim Zusammenfassen getrennt bearbeiteter Mitten- und Seitenkanäle und beim Mix der tiefen und hohen Mittensignale zur Anwendung kommen.

Die Optik

Die neue Version unterscheidet sich optisch durch ein etwas kleineres Plug-in Window und geringfügig andere Farben. Alle Anzeigen und Bedienelemente sind an gewohnter Stelle.

 

Das Plug-in vor dem Hintergrund von Logic Pro 9

Die Features

Neue Funktionen gibt es nicht, aber sicher kennt nicht jeder Leser bx_XL. Deshalb hier eine Erklärung der Eigenschaften und der Bedienung.

Brainworx hat bereits mehrere Plug-ins veröffentlicht, die das Verfahren der M/S Stereofonie verwenden. Das Stereosignal wird dabei zur Bearbeitung in Mitten- und Seitenkanäle aufgeteilt und am Ende des Prozesses wieder zu einem üblichen L/R-Signal zusammengeführt.

Wer vor einer Stereoanlage sitzt, hört bei Pop- und Rockmusik Bassdrum, Snare, Bass und Gesang zumeist aus der Mitte, obwohl sich dort gar keine Box befindet. Die virtuelle Mitte entsteht, wenn ein Signal in beiden Stereokanälen genau den gleichen Pegel hat. Diese Signale werden bei der M/S-Bearbeitung von den im Panorama verteilten Signalen getrennt und beides lässt sich dann einzeln bearbeiten, zum Beispiel komprimieren.

bx_XLV2 GUI

Die Grafik des bx_XL V2 zeigt oben einen Bereich für „Verwaltungsaufgaben“ und Anzeigeinstrumente. In der Mitte befinden sich fünf „Module“ im Hochformat, deren Bedienelemente senkrecht angeordnet sind. Unterhalb der Module findet man waagerechte Fader, die übergreifende Funktionen haben.

Die ersten drei Module sind jeweils für einen Kanal zuständig und tragen die Bezeichnungen Mid Lo, Mid Hi und Side. Jedes enthält einen eigenständigen Limiter mit allen Funktionen.

Mid Lo und Mid Hi enthalten das Mittensignal (M), unterteilt in zwei Frequenzbänder. Die Übergangsfrequenz ist einstellbar. Der Side Kanal (S) enthält alle Informationen, die sich nicht in der Stereomitte befinden.

Alle drei Module enthalten die gleichen Regelmöglichkeiten.

Von oben nach unten

    • XL Ein/Aus-Schalter und Drehregler. Hiermit lässt sich ein Sättigungseffekt einstellen, der das Signal lauter erscheinen lässt, obwohl der Pegel kaum zunimmt.
    • Ansprechzeit des Limiters
    • Rückstellzeit des Limiters
    • Schalter zur Aktivierung/Deaktivierung des Limiters in diesem Kanal
    • Soloschalter für diesen Kanal
    • Fader Link, koppelt Gain Boost und Threshold. Ein Absenken des Threshold bewirkt dann die Anhebung des Gain Boost und umgekehrt.
    • Sidechain. Wenn dieser Schalter aktiviert ist, steuert ein Sidechain-Signal den Limiter.

Crossover, Mono Maker und Sidechain-Mix

Unterhalb der Kanäle Mid Lo und Mid Hi gibt es zwei waagerechte Fader. Mit dem ersten wird die Crossover Frequenz zwischen Mid Lo und Mid Hi festgelegt. Mit dem Fader darunter bedient man den Mono Maker. Alle Signalanteile unterhalb des mit dem Slider eingestellten Werts werden mono ausgegeben. Nachteile entstehen dadurch nicht, da das menschliche Ohr sehr tiefe Frequenzen nicht mehr räumlich orten kann. Dieses Phänomen macht sich auch die Subwoofer-Technik zu Nutze.

Unterhalb des Side Kanals lassen sich zwei Quellen als Sidechain Signale auswählen und mit einem Slider mischen. Eine Kombination aus Mid Lo, Mid Hi, Mid (Hi & Lo), Side und External kann jeweils aus einem Pulldownmenü ausgewählt werden. Das hier eingestellte Triggersignal kann durch Anklicken des Sidechain Schalters der Kanäle in einen, mehrere oder alle eingespeist werden.

Masterbereich und In/Out-Modul mit Peak Stop Limiter

Die Bedienelemente des Master-Moduls wirken sich auf alle drei Tonkanäle gemeinsam aus. Hat man einen guten Sound eingestellt, kann man hier probieren XL-Effekt, Gain Boost oder Threshold insgesamt aggressiver einzustellen oder etwas zurück zu nehmen. Fünf Solo-Schalter ermöglichen das einzelne Abhören aller Komponenten. Etwas Besonderes ist der Schalter Auto Solo. Wenn diese Funktion aktiviert ist, wird immer, wenn man auf einen Drehknopf oder Fader innerhalb eines Kanals klickt, die Solo-Funktion für diesen Kanal so lange eingeschaltet, bis die Maustaste wieder losgelassen wird.

Das Anzeigeinstrument im Masterbereich zeigt neben Peak- und RMS-Wert auch den Dynamikbereich (Loudness) an.

Das I/O-Modul enthält die Input-Regler, einen zuschaltbaren Peak Stop Limiter und den Master Output. Unter „Summing Amp Gain“ regelt man das Outputsignal vor dem Peak Stop Limiter. Die beiden Knöpfe M und S lassen sich verlinken. Erhöht man den Seitenpegel „S“ relativ zum Mittensignal, entsteht eine Stereoverbreiterung. „Master Out“ bestimmt den endgültigen Ausgangspegel. Werte von ca. -0,2 bis −0,5 dB werden empfohlen, wenn eine Vervielfältigung auf CD geplant ist.

Zusätzliche Anzeigen

Auch die Anzeigeinstrumente am oberen Rand des Plug-in Fensters verdienen Beachtung. Bei den ersten beiden steht die Nadel in der Mitte auf 0, solange man noch keine Einstellungen am Plug-in vorgenommen hat. Wird durch die Bearbeitung z.B. der Mid Lo Bereich verstärkt, wandert die Nadel im ersten Instrument nach links, denn hier wird das Energieverhältnis zwischen Mid Lo und Mid Hi signalisiert. Das zweite Instrument ist für die gesamte Mitte (Mid Lo plus Mid Hi) im Verhältnis zum Seitensignal zuständig. Das Correlation Meter, rechts daneben, sollte immer einen Wert zwischen 0 und +1 anzeigen, dann existieren keine Phasenprobleme und das Signal ist mono-kompatibel. Balance, ganz rechts, zeigt an, ob die Verteilung im Stereopanorama ausgewogen ist.

Praktische Funktionen

Die schmale Leiste am oberen Rand des Plug-in Fensters enthält einige sehr nützliche Funktionen. Undo/Redo (32 Schritte) ergänzt die Rückgängig-Funktion des Hostprogramms, die sonst innerhalb von Plug-ins nicht zur Verfügung steht. Vier Settings mit allen Einstellungen lassen sich mit den Buttons A bis D speichern und untereinander kopieren, die Umschaltung ist innerhalb der DAW automatisierbar. „Reset“ setzt mit einem Klick alles auf Anfang. „Manual“ ruft die PDF-Anleitung auf. Das Fragezeichen schaltet die Grafik um. Neben den üblichen Urheber- und Versionsangaben erscheint dann ein Diagramm, das den Signalfluss innerhalb des bx_XL V2 veranschaulicht.

Video Tutorial

Ein Video Tutorial mit einem Audiobeispiel gibt es hier online anzusehen: bx_XL-Tutorial

Fazit:

Wer einen lauten, druckvollen Mix erzeugen möchte, ohne dass das Ergebnis gequetscht und verzerrt klingt, hat mit bx_XL eine gute Wahl getroffen, erst recht in der aktuellen Version bx_XL V2. Klangeigenschaften und vor allem die Prozessorlast wurden in der neuen Version noch einmal verbessert. Beim Stereo-Mastering reicht eine Instanz, deshalb fällt die Prozessorlast nicht so ins Gewicht. Da sich bx_XL V2 aber auch beim Mix sehr gut in Bus-Kanälen und nicht nur in der Stereo-Summe einsetzen lässt, ist die geringere Belastung der Computer-CPU ein großer Vorteil – für mich der wichtigste Unterschied zur ersten Version. Der Update-Preis von $ 49,00 lohnt sich; wer das Plug-in neu erwirbt, bekommt sowieso die Version V2. Wer ausprobieren möchte, ob bx_XL V2 den eigenen Wünschen entspricht oder selbst einen Vergleich mit anderen Produkten durchführen möchte, sollte sich unbedingt die 14 Tage gültige Demoversion herunterladen.

Das Plug-in läuft auf Mac und PC und unterstützt jeweils auch den 64-Bit Modus.

Plug-in Formate:

AAX, VST, RTAS, AU

Preis (Stand 30.10.2012):

Vollversion: $ 279,00

Update kostenlos für Käufer, die das Plug-in am 1. April 2012 oder später erworben haben,

sonst $ 49,00.

Link zur Website, Shop und Demo-Download (Demolaufzeit 14 Tage):

Plugin Alliance

 

 

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