Test: IK Multimedia MODO BASS

Von | 11. Dezember 2016

IK Multimedia MODO BASS ist das erste auf Bassgitarren-Sounds spezialisierte Software-Instrument, dessen Klänge mit Physical Modeling generiert werden.


Sampling vs. Modeling

Wer Instrumente wie Piano, Bass oder klassische Orchesterinstrumente mit dem Keyboard spielen will, verwendet meistens Sampling-Libraries. Samples sind echte Audioaufnahmen, allerdings mit dem Nachteil, dass man für einen realistischen Sound des virtuellen Instruments für jede Note eigene Samples benötigt. Weil der Klang sich wie beim „Naturinstrument“ mit der Anschlagstärke verändern soll, werden pro Note manchmal mehr als 20 Samples verwendet. Daraus ergeben sich Sampling-Libraries mit einem Datenvolumen im 2-stelligen Gigabyte-Bereich.

Hätte man alle 12 Bassgitarren, deren Sounds MODO BASS erzeugen kann gesampelt, wäre eine riesige Library entstanden. Stattdessen beträgt der Download aber nur etwa 170 MB. Das ist aber nicht der einzige Vorteil der verwendeten Physical Modeling Technik. Die Sounds werden vollständig in Realtime generiert; damit ist es jederzeit möglich, auf alle Parameter Einfluss zu nehmen. Neben den nachgebildeten Instrumenten lassen sich mit Physical Modeling virtuelle Instrumente konstruieren, die nur im Rechner existieren.

Dass ein „gemodeltes“ Instrument sogar realistischer klingen kann als manche Sampling-Library, beweist der beliebte Piano-Sound des Software-Instrments Pianoteq.

 

MODO BASS, Foto: IK Multimedia

 

Neben den eigentlichen Sounds von Saiten, Korpus und Tonabnehmer berücksichtigt MODO BASS auch die Interaktion von Spieler und Instrument. Nach 8-jähriger Entwicklungsarbeit verspricht MODO BASS hohe Soundqualität und benutzerfreundliche Bedienung.

 

MODO BASS – der erste Eindruck

MODO BASS kann als Plug-in oder Stand-Alone verwendet werden. Ich habe zuerst die Stand-Alone-Version ausprobiert. Cool: Man kann das Fenster beliebig vergrößern. Selbst am 27-Zoll Monitor sehen Grafik und Schriften bei maximaler Größe scharf aus. Man sieht sogar die Windungen von Round-Wound Strings! Bei der Farbgebung des GUI herrschen Braun- und Orange-Töne vor – typisch IK Multimedia. Die Instrumente lassen sich nicht nur auf dem angeschlossenen Keyboard, sondern auch mit der Maus auf den Bass-Saiten am unteren Rand des Software-Fensters und dem Mini-Keyboard darunter spielen. Bei gedrückter Maustaste entsteht ein „Slide“-Effekt und je nach vertikaler Position des Mauszeigers auf den Tasten ändert sich die Lautstärke.

 

MODO BASS als Plug-in

 

Auswahl, Konfiguration, Performance

12 der beliebtesten E-Bässe wurden detailliert als virtuelle Instrumente nachgebildet. Jeder Bass lässt sich mit unterschiedlichen Pickups an unterschiedlichen Positionen konfigurieren. Flat- oder Roundwound-Saiten verschiedenen Alters lassen sich „aufziehen“. Finger- oder Plektrumspiel ist möglich, sowie auch die Slap-Technik. Die Saiten können frei oder abgedämpft klingen. Amps und Effekt-Pedale stehen zusätzlich zur Verfügung.

 

Die Instrumente

Im oberen Bereich der Grafik befinden sich Tabs, mit denen sich verschiedene Panels anzeigen lassen. Die Voreinstellung ist Model, die grafische Darstellung der Instrumente. Neben der Abbildung des ausgewählten Instruments gibt die Liste Specifications Auskunft über Typ, Saiten, Tonabnehmer und mehr. Falls man bereits am Bass „herum geschraubt“ hat, lässt sich das mit Reset Bass to Default rückgängig machen.

 

MODO’S TWELVE

 

Jedes der 12 Instrumente hat seinen eigenen, typischen Sound. Einen echten Fender Precision Bass habe ich zur Verfügung. Als ich den entsprechenden Bass in MODO BASS angespielt habe, dachte ich sofort: „Ja, so muss er klingen!“ Auch wenn der Bass auf Tasten gespielt wird, gibt der Sound mir das Gefühl, das Schwingen der Saiten zu spüren. Der Anschlag ist knackig und bei Roundwound-Saiten hört man den typischen, drahtigen Klang. Weil es sich hier nicht um übereinander gelegte Sample-Layer handelt, variiert der Sound stufenlos je nach Anschlagstärke und vermittelt ein realistisches Spielgefühl.

Innerhalb der Grafik zeigt IK Multimedia MODO BASS die Namen der Instrumente als Pseudonyme an, ein „J-Bass“ ist natürlich ein Fender Jazz Bass, „Devil Bass“ wird das Gibson-Modell mit seinen durch die Doppel-Cutaway-Form gebildeten „Hörnern“ genannt. Im Manual findet man aber die Bezeichnungen auch im Klartext:

  • Fender Precision Bass, 60er-Jahre
  • Fender Precision Bass, 70er-Jahre
  • Fender Jazz Bass, 70er-Jahre
  • Fender Jazz Bass, Gegenwart
  • Gibson EB-0
  • Music Man StingRay 5-String
  • Rickenbaker 4003
  • Yamaha TRB5P
  • Höfner Violine („Beatles-Bass“)
  • Gibson Thunderbird
  • Ibanez Soundgear
  • Warwick Streamer

 

Im folgenden Audio-Beispiel sind der Reihe nach zu hören: Rickenbacker, Höfner, Ibanez gedämpft mit Plektrum gespielt, sowie Precision 60-ies mit neuen Saiten und hartem Fingeranschlag.

 

 

PLAY STYLE

 

Play Style

Mit dem Tab Play Style erhält man Zugriff auf eine Reihe von Einstellungen für die Spieltechnik. FINGER, PICK, SLAP sind Schaltflächen, mit denen die jeweilige Anschlagtechnik gewählt wird. Das Dämpfen der Saiten lässt sich in Prozent-Werten bestimmen. Finger-Anschläge könne mit Wechselschlag oder wahlweise mit dem Zeige- oder Mittelfinger erfolgen. Weil ein Bassist seine Spieltechnik auch während des Spiels manchmal ändert, lassen sich die meisten Einstellungen auch über Key-Switches vornehmen (siehe Abschnitt Control). Ebenfalls im Bereich Play Style lässt sich die Lautstärke der Geräusche einstellen, die beim Loslassen und beim Rutschen auf den Saiten entstehen.

 

 

STRINGS

 

Strings

Nicht nur Anzahl (4 oder 5), Typ und Stärke der Saiten kann bestimmt werden, sondern auch der Grad der Abnutzung (Old/New/Broken in). Broken in ist die Normaleinstellung für „eingespielte“ Saiten – so wie Schuhe, die getragen, aber noch nicht abgenutzt sind. Die Einstellung Drop-D stimmt die E-Saite um einen Ganzton nach unten.

 

ELECTRONICS

 

Electronics

Hier steht eine große Auswahl an Pickups – Single Coil und Humbucker – sowohl für die Hals- als auch für die Brückenposition zur Verfügung. Zusätzlich kann ein Piezo-Tonabnehmer unter der Brücke installiert werden. Am Korpus angebracht, lassen sich die Tonabnehmer außerdem noch verschieben. Es gibt also kaum eine Einschränkung bei der Konstruktion einer eigenen Bassgitarre. Ein Höfner-Bass mit 5 Saiten und mit Fender und Gibson-Pickups lässt sich mit wenigen Mausklicks zusammenbauen. Nachdem ich ein Instrument verändert habe, kann ich übrigens zum Vergleich ein anderes anhören, ohne dass meine Änderungen an den Spezifikationen verloren gehen. Erst mit Reset Bass to Default werden sie für den betreffenden Bass zurückgesetzt. Auch die Klangregelung am Instrument selbst, die sich bei passiver oder aktiver Elektronik unterscheidet, ist hier zugänglich.

 

AMP + FX

 

Amp/FX

Auch hier gibt es eine Klangregelung; sie gehört jeweils zu einem von zwei wählbaren Verstärkern.

Der Solid State Amp ist ein Transistor-Modell, der Tube Amp bietet Röhrensound. Der verstärkte Sound lässt sich mit dem DI-Ausgang mischen oder auch ausschließlich darüber wiedergeben.

Vier von 7 vorhandenen Effekt-Pedalen können gleichzeitig aktiviert werden. Zur Auswahl stehen:

  • Oktaver
  • Distortion
  • Chorus
  • Compressor
  • Delay
  • Envelope Filter
  • Graphic EQ

 

CONTROL

Control

Die hier angezeigten Key-Switches stehen ständig am Keyboard zur Verfügung, können aber auch per Klick auf die Grafik oder mit einem anderen MIDI-Controller-Gerät bedient werden. Es werden die MIDI-Noten A-1 bis C#0 verwendet.

  • A-1: RING (Saite klingt aus, entspricht Sustain-Funktion)
  • B1, D0, E0, G0, A0: Damit wird das Spiel auf der jeweiligen Saite erzwungen. Die B-Saite (deutsch H-Saite) gibt es nur beim 5-saitigen Instrument. Diese Zuweisung der Saiten funktioniert nur, wenn sie beim richtigen Bass auch möglich wäre, man kann keinen Ton auf einer bestimmten Saite spielen, wenn das in der gewünschten Tonhöhe nicht möglich wäre. Es wird dann automatisch eine andere Saite verwendet, so dass immer ein Ton zu hören ist.
  • C0: Hammer on/Pull off
  • F0: Flageolett-Töne im Oktavabstand zum gespielten Ton
  • A#-1: Ghost-Noten (Klopfen auf völlig abgedämpfte Saiten)
  • C#0: Anschlag mit Zeigefinger oder Plektrum-Schlag abwärts, wenn PICK-Stil gewählt ist. Erzwingt „Pull“-Anschlag im SLAP-Stil.
  • D#0: Anschlag mit Mittelfinger oder Plektrum-Schlag aufwärts, wenn PICK-Stil gewählt ist. Erzwingt „Pull“-Anschlag im SLAP-Stil.
  • F#0: Finger-Anschlag
  • G#0: Slap-Technikl
  • A#0: Plektrum-Anschlag. Sehr sinnvoll finde ich, dass bei den Tasten für den PLAY STYLE (FINGER, PICK, SLAP) die gewählte Einstellung erhalten bleibt, bis eine andere dieser Tasten gedrückt wird. Alle anderen Einstellungen sind nur so lange aktiv, wie die zugehörige Taste gedrückt wird. Weitere Keyswitches sind im Bereich der höheren MIDI-Noten zu finden: E5 stoppt den Sound mit einem realistisch klingenden Abdämpfen durch die rechte Hand. Mit Hilfe der Tasten im Bereich F5 bis E7 lässt sich die Position der linken Hand am Hals des Instruments bestimmen.

Die Kopfleiste der Control-Ansicht zeigt MIDI-Controller-Zuweisungen für weitere Spielhilfen. Die angezeigten MIDI-Controller-Nummern lassen sich durch numerische Eingabe ändern oder per Lern-Funktion selbst Hardware-Bedienelementen zuweisen.

 

Pitch Bend, Slide, Vibrato

Der Pitch-Bend-Bereich ist zwischen einem und 24 Halbtönen einstellbar und simuliert das Rutschen über mehrere Bünde der Bassgitarre nach einem einzigen Saiten-Anschlag. Alternativ lässt sich die Funktion LEGATO SLIDE einsetzen, die standardmäßig mit dem Sustain-Pedal ausgelöst wird. Dabei bestimmt die Anschlagstärke der zweiten Note die Slide-Geschwindigkeit. Das kennt man von anderen virtuellen Bässen, wie den Scarbee Plug-ins. MIt dem Modulationsrad wird das Vibrato gesteuert, das sich für mich realistischer anhört, als ein LFO-gesteuertes Synthesizer-Vibrato.

Mit dem Warwick-Bass habe ich hier einige Töne eingespielt und die Artikulationen Slap, Hammer On, Slide und Harmonics eingesetzt.

 

 

PRESETS

 

Presets

Ab Werk ist MODO BASS mit 115 Presets ausgestattet, die in die Kategorien Finger, Pick, Slap und Xtreme unterteilt sind. Neben den Namen sind die jeweiligen Bässe abgebildet. Die Default-Einstellungen der 12 Instrumente werden aber oft für den passenden Sound ausreichen. Unter Xtreme findet man einige sehr abgefahrene Sounds, die kaum noch an einen E-Bass erinnern.

Hier noch zwei Hörbeispiele mit MODO BASS innerhalb eines Songs zusammen mit anderen Instrumenten

Ibanez Bass mit Slap-Betonungen:

 

Hier spielt der Music Man Bass:

 

 

Fazit

IK Multimedia hat mit MODO BASS einen Treffer gelandet. Obwohl Physical Modeling rein algorithmisch arbeitet, klingt es hier überhaupt nicht nach Synthesizer. Alle 12 Bässe klingen kraftvoll und unterscheiden sich deutlich voneinander im Klangcharakter. Effekte und Amps sind gleich mit an Bord, aber man kann auch darauf verzichten und das Direktsignal mit anderen Plug-ins weiter bearbeiten. Die Vielzahl der Artikulationsmöglichkeiten kann den Anschein erwecken, das Spiel auf dem virtuellen Bass sei kompliziert. Tatsächlich ist es nicht dasselbe, mit Hilfe von Key-Switches und MIDI-Controllern ausdrucksvoll zu spielen, als in die Saiten zu greifen. Es ist aber so, dass es sehr viele Möglichkeiten der Sound-Beeinflussung gibt, aber meistens nur wenige in einem Song wirklich gebraucht werden. Man wählt den Bass, der sich am besten in den jeweiligen Song einfügt, ändert eventuell die Anschlagtechnik- und -Stärke – in den meisten Fällen reicht das schon. Ich bin begeistert von der Authentizität mit der Saiten-Anschlag und Saiten-Schwingung „gemodelt“ wurden. Die Klangerzeugung in Real-Time ermöglicht ein sehr nuancenreiches Spiel. IK Multimedia MODO BASS ist ein professionelles virtuelles Instrument, das höchsten Ansprüchen genügt. Redaktionstipp!

 

Systemanforderungen

Mac® (64-bit)

  • Minimal: Intel® Core 2 Duo, 4 GB RAM (8 GB empfohlen), Mac OS X 10.9 oder höher.
  • Unterstützte Plug-in Formate (64-bit): Audio Units, VST 2, VST 3, AAX

Windows® (64-bit)

  • Minimal: Intel® Core 2 Duo oder AMD Athlon 64 X2, 4 GB RAM (8 GB empfohlen), Windows® 7, Windows® 8 oder Windows® 10. Erfordert eine ASIO-kompatible Soundkarte.
  • Unterstützte Plug-in Formate (64-bit): VST 2, VST 3, AAX.

Preise*

€356,99 Download

€402,59 USB-Stick in Box

€237,99 Crossgrade für jeden Käufer, der bereits ein IK-Multimedia-Produkt im Wert von mindesten €99,99 besitzt.

*Preisangabe ohne Gewähr, entspricht dem Stand vom 05. Dezember 2016 und wurde online ermittelt.

Hersteller: IK Multimedia

Nachtrag:

Da ich nicht mit allen DAW-Programmen testen kann, war es mir entgangen, dass einige davon (Studio One, Mixcraft 7, MuLab, Bitwig) unter Windows Probleme beim Audio-Export mit Modo Bass bereitet haben. Die Probleme wurden mit dem ersten Update auf Version 1.0.1 am 20.12.2016 behoben! Das Update auf 1.0.1 steht für die Mac-Version ebenfalls bereit.

Meine aktuellen Testberichte und mehr zum Thema Musik immer hier…

Ein vollständiges Inhaltsverzeichnis meiner Artikel auf facebook hier…

 

2 Gedanken zu „Test: IK Multimedia MODO BASS

  1. Stefan

    Danke für den aufschlussreichen Test . Es macht mir den Kaufentscheid für dieses gute Produkt viel leichter. Alles Gute wünschen wir Dir Jürgen Drogies und diesen wirklich interessanten ( GRATIS-! ) Seiten.

  2. Jürgen Drogies Beitragsautor

    Ebenfalls vielen Dank an Dich, Stefan für die netten, anerkennenden Worte!
    Ich wünsche ein gutes 2017!

Kommentare sind geschlossen.