Test: SoundRadix Pi – Phase Interactions Mixer

Von | 31. März 2015

3,14… – Periode sowieso… Mathe war nie so mein Ding, aber an die Zahl „Pi“ kann ich mich gut erinnern. Eigentlich schreibt man das ja π – aber was hat das mit Tontechnik zu tun? Möglicherweise ist dieses Plug-in eine Geheimwaffe für den perfekten Mix!

SoundRadix

Nachdem Apple mit Logic Pro X alle Brücken zu 32-Bit Plug-ins abgebrochen hatte, lieferte Sound Radix mit 32 Lives einen perfekten Ersatz. Nach der Installation funktioniert die Software unauffällig im Hintergrund: „It just works“. Eine tolle Sache, deshalb wurde ich neugierig, als ich von dem – gar nicht einmal ganz neuen – Plug-in „Pi“ durch einen Newsletter erfuhr.

Was bedeutet Pi?

Auf keinen Fall geht es darum, aus dem Durchmesser eines Kreises den Umfang zu berechnen. Die Buchstaben “P” und “i” bedeuten hier “Phase Interactions”. Wie man an der Form des Logos sehen kann, ist ein Wortspiel aber durchaus beabsichtigt.

Pi – Phase Interactions Mixer

Jede Multitrack-Aufnahme benötigt eine Summierung, um alle Tracks zu mischen, zumeist zu einer Stereo-Summe. Manche Tonmeister (und auch Ton-Azubis) trauen der digitalen Summierung nicht und leiten beim Mix möglichst viele Subgruppen über D/A-Wandler in eine analoge Summierungs-Stufe. Danach wird das Signal wieder über A/D-Wandler in ein digitales Format gewandelt, das für digitale Consumer-Medien benötigt wird. Ob es dann wirklich hörbar besser klingt als beim Mischen „in the box“ kann ich nicht beurteilen, denn ich hatte da noch nie eine Vergleichsmöglichkeit. Aber das Gute noch besser machen – wer wollte das nicht, ich nehme mich da nicht aus. Klingt die DAW besser mit Pi?

Pi Phasen-Display

Pi Phasen-Display

Problem-Phasen

Ein Feind des guten Sounds sind ungewollte Frequenz-Auslöschungen. Gewollte gibt es auch, die nennt man dann Phasing- oder Flanging-Effekte, aber darum geht es hier nicht. Wenn zweimal dieselbe Frequenz gegenphasig auftritt, also wenn sich die eine Schallwelle gerade im Tal und die andere auf ihrem Höhepunkt befindet, löschen sie sich gegenseitig aus. Im Extremfall ist dann gar nichts mehr zu hören, bei Annäherung an diesen Zustand wird der Pegel der Instrumente kurzzeitig leiser und die Musik hat dann oft weniger „Druck“, denn dieser Effekt ist bei tiefen Frequenzen besonders auffällig.

Was macht Pi?

Pi minimiert dynamisch Frequenz-Auslöschungen zwischen Instrumenten im Mix. Dazu werden alle Kanäle analysiert und untereinander verglichen. Pi erkennt kritische Phasenlagen und korrigiert sie automatisch.

Einsatz in der DAW

Es ist vorgesehen, dass alle Einzelkanäle einer Multitrack-Aufnahme im letzten FX-Slot eine Instanz von Pi erhalten. Ausgenommen sind Busse, AUX-Kanäle, SUB-Gruppen und die Stereo-Summe, weil vor deren Output schon eine Summierung durch die DAW stattgefunden hat.

Instrumente mit ähnlichen Schwerpunkten im Frequenzbereich gruppiert man innerhalb von Pi, also beispielsweise Bassdrums, mehrere Bass-Spuren, Gitarren mit DI-Signal und separater Amp-Mikrofonierung. Eigentlich ist das schon alles – mixen und wohlfühlen! Es gibt aber doch noch ein paar spezielle Einstellungen; und wer die optimale Wirkung erzielen will, sollte sich damit beschäftigen.

Manual, FAQs, Trial and Error

Das Manual ist sehr kurz gehalten, was auf der einen Seite erfreulich ist, auf der anderen Seite aber auch nicht jede Frage beantwortet. Nach dem ersten Durchlesen blieben bei mir einige Fragezeichen im Sinn. Die angehängten „Frequently asked questions“ (inklusive „answers“) helfen da allerdings weiter. Und nachdem ich einfach mal drauflos probiert hatte, kam die Erleuchtung: Es ist wirklich einfacher, als ich zuerst dachte.

Einstellungen

Die wenigen Regler können meistens in ihrer Grundstellung bleiben, das Display informiert über Phasen-Korrelation oder zeigt einen Frequenz-Analyser.

Pi Frequenz-Display

Pi Frequenz-Display

CHANNEL GAIN

Pi muss „Post-Fader“ eingesetzt werden, also an einer Stelle, wo sich die Stellung des Pegel-Faders auch auf das Plug-in auswirkt. In Logic Pro X ist das der Normalfall und in den meisten anderen Host-Programmen auch, deshalb kann der Regler CHANNEL GAIN dort in seiner Default-Position bleiben. Für den Fall, dass ein Host-Programm verwendet wird, das Plug-ins „Pre-Fader” behandelt, muss man alle DAW-Pegel gleich einstellen und die Lautstärkeverhältnisse der Kanäle innerhalb von Pi mit CHANNEL GAIN regeln.

CHANNEL WEIGHT

CHANNEL WEIGHT kann meistens ebenfalls in der Grundstellung „100“ bleiben. Wenn man es wünscht, kann man damit beispielsweise einem bestimmten Signal mehr „Gewicht“ verleihen, so dass die Phasenlage der anderen an diesem ausgerichtet wird und nicht, wie es sonst der Fall ist, alle gleich behandelt und an einem Mittelwert ausgerichtet werden. Diese Vorgehensweise soll helfen, falls beim Signal-Processing hörbare Artefakte entstehen. Bei meinem Test konnte ich solche Probleme nicht feststellen und habe deshalb die Default-Einstellung beibehalten.

GLOBAL

Der Kippschalter GLB (global) dient dazu, alle verwendeten Instanzen von Pi gleichzeitig ein- oder auszuschalten. Damit ist ganz einfach ein A/B-Vergleich möglich.

GROUP GAIN

GROUP GAIN erlaubt das gemeinsame Regeln der Pegel einer Pi-Gruppe; 64 Gruppen lassen sich bilden. Mit GROUP MIX MODE kann man für die gerade angewählte Gruppe, deren Name im mittleren Display zu sehen ist, verschiedene Einstellungen vornehmen. Folgende Modi stehen zur Verfügung:

INT & MIX – Internal und Mix. Optimiert die Phasen-Verhältnisse innerhalb der Gruppe und der restlichen Channels im Mix.

INT – Optimiert nur die Phasen-Verhältnisse innerhalb der Gruppe.

PL – Phase Lock. Optimiert die Phasen-Verhältnisse innerhalb der Gruppe und der restlichen Channels im Mix, aber verriegelt sie innerhalb der Gruppe, so dass diese nicht von den Kanälen außerhalb beeinflusst werden können.

OFF – Schaltet Pi für alle Kanäle innerhalb der Gruppe aus.

GLOBAL MODE

FR – Full Range. Das ganze Frequenzspektrum wird bearbeitet.

LF – Low Frequency. Pi optimiert die Phasen-Beziehungen unterhalb von 800 Hz.

Display

Global-, Group- und Channel-Signale lassen sich im Phasen-Korrelations-Meter oder Frequency-Analyser darstellen. Im Kopf des Displays steht zunächst „No Group“. Wird eine Gruppe eingerichtet, trägt man rechts daneben einen frei wählbaren Namen dafür ein.

Latenz

Pi benötigt für seine Tätigkeit einen Verarbeitungs-Buffer. Mit Klick auf das kleine Zahnrad oben rechts öffnet sich das Einstellmenü. Hier lassen sich Latenz-Werte bis zu 1000 ms wählen. Welcher Wert sinnvoll ist, unterscheidet sich je nach Host-Programm und danach, wie dessen Latenz-Ausgleich funktioniert. Bei Logic Pro X sind es satte 500 ms. Wenn ein zu geringer Wert eingestellt wurde, erscheint während des Abspielens die Fehlermeldung SYNC ERROR.

All Together Now

Es ist zunächst gewöhnungsbedürftig, dass ein Plug-in, das sich gleichzeitig um vielen Mixer-Kanäle kümmert, einzeln in jeden Kanal eingefügt wird. Das Plug-in-Fenster eines jeden dieser Kanäle kann für alle betroffenen Kanäle als Display und Bedienoberfläche dienen. Ich will das nicht kritisieren, eine andere Struktur fiele mir da auch nicht ein, aber es ist erst einmal neu.

Hörbeispiele

Es handelt sich bei der Anwendung von SoundRadix Pi um „Feinschliff“. Smartphones oder interne Tablet-Lautsprecher sind zur Beurteilung nur bedingt geeignet. Ich empfehle gute Lautsprecher mit ausreichender Basswiedergabe oder Kopfhörer.

Im ersten Beispiel erklingt zweimal ein Song-Intro, zunächst „Pi-frei“ und dann mit 18 Instanzen Pi. Drums und Bass habe ich zu einer “Pi-Group” zusammengefasst, das brachte bei den hier vorgestellten Beispielen das beste Ergebnis.

 

Das folgende Demo enthält nur 5 Instrumente, wobei ich Schlaginstrumente und auch Bläser-Gruppe als ein Sampling-Instrument zähle: Drums (NI Studio Drummer), Bass (Scarbee M-Bass), E-Piano (e-instruments Session Keys electric R), Rhythmus Gitarre (Scarbee Funk Guitarist) und Bläser (NI Session Horns Pro).

Pi-freie Zone:

 

Pi in jedem Einzelkanal:

 

Wer jetzt noch nicht überzeugt ist, sollte das dritte Beispiel noch einmal anhören und gezielt auf den Bass achten!

CPU-Last

Da man Pi in jeden Kanal einzeln einsetzen soll, stellt sich natürlich die Frage, ob bei zuviel Pi nicht die ganze Rechner-Performance zusammenbricht. Ich zeige deshalb hier Screenshots die ich beim Abspielen eines Songs mit Logic Pro X von der CPU-Auslastungs-Anzeige gemacht habe.

 

Ein Song mit 18 Spuren, die alle das Plug-in enthalten, diente als Testobjekt. Die Drums sind bereits innerhalb von NI KONTAKT in Stereo vorgemischt und belegen nur einen der Kanäle.

Pi deaktiviert:

 

Logic Pro X, CPU-Last ohne Pi

Logic Pro X, CPU-Last ohne Pi

 

Pi in einem Kanal aktiviert:

Logic Pro X, CPU-Last, Pi in einem Kanal aktiviert

Logic Pro X, CPU-Last, Pi in einem Kanal aktiviert

 

Pi in 18 Kanälen aktiviert:

Logic Pro X, CPU-Last, Pi in 18 Kanälen aktiviert

Logic Pro X, CPU-Last, Pi in 18 Kanälen aktiviert

 

Fazit

SoundRadix Pi ist ein tolles Plug-in. Überall, wo ich es ausprobiert habe, hat es den Sound verbessert: der Bassbereich klingt nicht verwaschen, Höhen wirken brillianter, Transparenz und Tiefenstaffelung werden verbessert. Nachteilig ist nur die zusätzliche Mühe, das Plug-in in jeden Mixer-Kanal einzeln einzufügen und die Latenz, die durch den Look-ahead-Buffer nötig ist. Die Aufnahme muss also vollständig sein, bevor Pi in den Mix kommt, nachträgliches Einspielen bei einer halben Sekunde Latenz geht leider gar nicht. Was beim Mix zählt, ist das Ergebnis, es handelt sich hier um Nuancen, aber das Ergebnis klingt deutlich besser. Störende Artefakte konnte ich nirgends heraushören, ich konnte deshalb überall die Grundeinstellung verwenden. Es kommt natürlich auf das Material an, aber meine DAW-Produktionen mit Sampling-Drums, Synths und E-Gitarre machen keine Probleme, sondern klingen einfach nur schöner. Problematisch finde ich nur den Preis, der mit $ 249,- teurer ist, als das ganze Logic Pro X. Für kurze Zeit war Pi für $ 99,- erhältlich – vielleicht kommt das Angebot ja mal wieder… Wie wäre es mit einem „Summer special“?

Nachtrag

Nachdem ich diesen Test bereits veröffentlicht hatte, trat zum ersten Mal bei einem Mix ein Problem auf. Eine Spur mit Akustikgitarre gab ein seltsames, leierndes Vibrato von sich. Ich musste die Spur aus der Gruppe, die ich für Gitarrensounds angelegt hatte, heraus nehmen. Dann klang es wieder besser, aber am Ende habe ich doch diese einzelne Spur ohne Pi Plug-in verwendet. Ich empfehle deshalb, nach dem Einsetzen von Pi alle Tracks noch einmal Solo zu hören.

Nachtrag zum Nachtrag

Ich finde es immer noch toll, wie sich, ohne einen EQ zu bemühen oder die Lautstärkeverhältnisse zu ändern, Bass und Bassdrum im Mix durchsetzen, ohne sich gegenseitig zu stören. Bei manchen Aufnahmen jedenfalls. Ich habe aber festgestellt, dass neben Akustikgitarren auch E-Gitarren mit Effekten sowie E-Pianos mit Tremolo, Vibrato und Chorus/Phasing/Flanging ungeeignet sein können. Ich vermute, dass Pi oft auch versucht, absichtliche Phasenverschiebungne zu korrigieren. In diesen Fällen: alle Spuren einzeln kontrollieren und gegebenenfalls Pi in den kritischen Kanälen weglassen. Die Ohren entscheiden!

Update

Die am 13. Mai 2015 veröffentlichte Version 1.0.11 sorgt für noch geringere CPU-Last und stellt Kompatibilität mit älteren Windows GPUs her. Das Update ist für alle User, die Pi bereits besitzen, kostenlos.

Systemanforderungen

Mac: Intel Mac Dual Core, 2GHz oder schneller, 4GB RAM, Mac OS X 10.6.x oder höher, AU, AAX, RTAS, VST oder VST kompatible DAW.

PC: Intel Duo 2GHz oder schneller, 4GB RAM, Microsoft Windows XP oder höher, AAX, RTAS, VST oder VST kompatible DAW.

Preis: $ 249,- beim Hersteller, MUSIC STORE: € 211,-

Eine Demo-Version ist verfügbar.

Vertrieb Deutschland: audiowerk

 

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Ein Gedanke zu „Test: SoundRadix Pi – Phase Interactions Mixer

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