Molekular ist ein modulares Effekt-System, das 35 Effekte bietet, die sich in zahllosen Variationen miteinander verknüpfen und modulieren lassen. Molekular läuft als Plug-in in jeder DAW und ist auch für Native Instruments’ MASCHINE optimiert.
Bitte die Abbildungen zum Vergrößern anklicken!
Um Molekular zu laden, benötigt man Native Instruments Reaktor in der Vollversion oder den kostenlosen Reaktor Player. Nach der Installation wählt man unter dem Lupensymbol den Bereich „Player“. Dort erscheint Molekular als Ensemble. Nach Doppelklick auf den Molekular Ordner hat man auch Zugriff auf das englischsprachige PDF-Manual; es lässt sich aus Reaktor heraus öffnen.
Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile
Dieser Satz des griechischen Gelehrten Aristoteles trifft auch auf Molekular zu. Molekular enthält 35 Effekte von denen jeweils vier gleichzeitig aktiv sein können. Aber die Möglichkeiten gehen über eine Effektkette, wie man sie in jeder DAW anlegen kann, weit hinaus. Die Effekte können nicht nur gemeinsam moduliert werden, sondern sogar die Modulatoren können moduliert werden, so dass sich beinahe unzählige Möglichkeiten bieten, die Parameter zu beeinflussen. Über vier Makro-Regler kann man jeweils mehrere Parameter gleichzeitig steuern, welche das sind, bestimmt man selbst. Zwischen einer Basis und vier Eckpunkten ist automatisches Morphing zwischen Parameterwerten per Modulator oder manuelles Morphing per Maus oder MIDI-Controller möglich. Die Reihenfolge, in der das Signal die Effekt-Module durchläuft, lässt sich im Bereich „Routing“ bestimmen, der noch viele weitere Bearbeitungsmöglichkeiten bereit hält.
Module und Modulation
Die ersten Synthesizer bestanden aus Modulen, die mit Patch-Kabeln verschaltet wurden. Das hatte den Vorteil, dass viel mehr unterschiedliche Verbindungen möglich waren, als bei einem fest verdrahteten Gerät. So funktioniert im Prinzip auch Molekular, nur dass die Patchkabel nicht sichtbar sind.
Modulation sorgt dafür, dass synthetisch erzeugte Töne nicht langweilig klingen. Ein LFO (Low Frequency Oscillator) kann mit seiner Schwingungs-Frequenz einen Ton beispielsweise in der Tonhöhe modulieren, so dass ein Vibrato entsteht. Auch das ist eine der Funktionen von Molekular. Aber nur eine von vielen, die auch sehr komplex sein können und Sounds hervorbringen, die man nicht jeden Tag hört.
Ansichten
Es gibt zwei Ansichten, A und B. Ich beginne hier mit B:
Dieses ist die Performance Ansicht mit den wichtigsten Elementen. Links regelt man den Eingangspegel und die globale Intensität der Modulation der Effekte. Rechts lassen sich Effektanteil und trockenes Signal mischen. In der Mitte wird auf einer Art Radarschirm das Morphing angezeigt. Unten gibt es vier Makro-Regler, die jeweils mehrere Parameter gleichzeitig beeinflussen können.
Ansicht A
Die Ansicht A gibt den Blick frei auf alle Editiermöglichkeiten.
Oben links: Modulatoren.
Mitte: „Monitor“ mit schwarzem Hintergrund, zeigt in der Grundeinstellung Morphing und Makro-Regler, sowie einige Schaltflächen
Oben rechts: Routing
Unten: 4 DSPs für jeweils ein Effekt-Modul zur Zeit
Die Darstellung in den einzelnen Bereichen ändert sich, wenn unterschiedliche Funktionen gewählt werden. Auch der schwarze Monitor in der Mitte schaltet zur Anzeige verschiedener Bearbeitungsschritte auf andere Darstellungen um.
Wie klingt es? – Presets
Der Ungeduldige wird wohl zuerst die Presets ausprobieren. Ich nehme mich da nicht aus und präsentiere hier eine kleine Auswahl. Drumloops haben sich zum Ausprobieren als besonders effektiv erwiesen, denn einige Effekte produzieren Klänge, die besonders erstaunlich klingen, wenn simple perkussive Sounds die Quelle bilden.
Zuerst ein Drumloop ohne Bearbeitung, dann bearbeitet mit verschiedenen Factory-Presets:
Selber machen
So spektakulär die Werks-Presets auch klingen mögen, wenn man einen eigenen Song bearbeiten will, wird man nicht unbedingt genau den passenden Effekt finden, oder man wird zumindest ein Preset anpassen wollen. Das ist einfach und kompliziert zugleich. Einfach, weil alles logisch aufgebaut ist, Grafik und Beschriftung der Regler verständlich sind, und weil sofort ein Effekt zu hören ist, wenn man ein Effektmodul aufgerufen hat. Kompliziert, weil es so viele Parameter und Modulationswege gibt, welche die Sache ganz schön komplex machen. Wer gern tüftelt, wird begeistert sein. Wer sagt: „Ich will jetzt Huiii-Krawumm-zisch-blubb-blubb mit Phasing und Ping-Pong Effekt!“ hat durchaus eine Chance, sollte aber mit einer Einarbeitungszeit rechnen.
Molekular for beginners
Um dem interessierten Leser – egal ob im Besitz von Demo- oder Vollversion – die Einarbeitung zu erleichtern, hier mein „Mini-Tutorial“.
1. INIT Einstellung
Ich wähle in der Reaktor Preset Liste (Fotoapparat Icon anklicken!) die Bank 006 Single DSP, Snapshot 001 INIT – Molekular.
2. DSP
Ein Klick auf den kleinen Abwärtspfeil im ersten DSP-Slot ruft im Monitor die Effekt-Auswahl auf. Aus den 12 angebotenen Effekten wähle ich „Spektral Shift“. Die Grafik erscheint erst, nachdem der kleine Einschaltknopf oben rechts im Modul angeklickt wurde. Ich stelle den Regler „N“ auf dem braunen Abschnitt auf 22 (Zahl erscheint beim Drehen).
In der zweiten Hälfte des folgenden Beispiels hört man den Effekt :
3. Modulation
Als Modulator wähle ich LFO 1. Nach Klick auf ASSIGN erscheinen senkrechte Balken neben den Reglern von „Spectral Shift“. Ich klicke in den Balken neben dem Regler „N“ und bewege die Maus. Ein Schieberegler erscheint, mit dem sich die Modulationsweite bestimmen lässt. Im eingestellten Bereich bewegt sich jetzt ein weißer Punkt halbkreisförmig im Takt der LFO-Frequenz. Danach ein erneuter Klick auf ASSIGN.
Mit Modulation klingt es so:
Effekt 2
Im zweiten DSP-Slot lade ich „Angel Delay“. Den kleinen Regler „Out“ rechts am unteren Rand drehe ich nach links, um die Lautstärke anzugleichen.
Das klingt dann so:
Der Sound ist jetzt so verfremdet, dass man die Drums nicht mehr erkennt. Am unteren Rand von „Angel Delay“ regle ich „Mix“ nach links und „Out“ wieder etwas nach rechts. Jetzt hört man wieder Schlagzeug heraus:
So wie in Schritt 3 funktioniert Modulation in MOLEKULAR in den meisten Fällen, auch die Zuordnung von Parametern zu den Makroreglern erfolgt so. Ein Doppelklick auf die Schieberegler im Assign-Modus hebt die Zuordnung wieder auf. Während eine Modulation aktiv ist, lassen sich alle Parameter des Modulators verändern. Wie die Abbildungen zeigen, gibt es da eine Menge einzustellen.
Soweit die kurze Schritt-für-Schritt Erklärung.
Read Me!
Um alle Möglichkeiten kennen zu lernen, empfehle ich das PDF-Handbuch, das mit MOLEKULAR automatisch installiert wird, aber von Interessenten auch hier frei herunter geladen werden kann (ganz unten auf der Seite!). Das Manual hat 159 Seiten, allerdings wiederholen sich manche Erklärungen an relevanten Stellen, so dass man auch „springen“ kann.
Effect Units
35 virtuelle Effektgeräte – das ist schon eine Menge. Alle vier DSPs stellen zunächst diese fünf Effekt Units gleichermaßen zur Verfügung:
Dual Delay
Equalizer
Filter
Level
Metaverb
Zusätzlich hat jeder DSP Spezialaufgaben:
DSP 1: Spektral-Effekte
DSP 2: Zeit-Effekte
DSP 3: Phasen-Effekte
DSP 4: Verzerrungs-Effekte
Modulatoren
Jeweils vier LFOs, Step Sequenzer und Envelopes stehen als Modulationsquellen zur Verfügung. Außerdem gibt es vier „Logic“-Modulatoren mit denen sich jeweils zwei Modulationsquellen auf unterschiedliche Art verknüpfen lassen. Eine Effekt-Unit kann gleichzeitig von mehreren Modulatoren angesteuert werden. Modulatoren können auch einen anderen Modulator modulieren.
Step Sequenzer als Modulator
Routing
Im Feld rechts oben wird das Effekt-Routing dargestellt und kann vielfältig bearbeitet werden. Die Buttons 1 – 4 lassen sich mit der Maus verschieben, damit ändert sich die Reihenfolge in der die DSPs arbeiten. Im „Monitor“ lassen sich unterschiedliche Verschaltungen wählen; die DSPs können hintereinander, aber auch in bis zu vier parallelen Strängen angeordnet werden. Außerdem lassen sich allen vier DSPs zusätzliche Filter- und Delay-Werte zuordnen. Mit Klick auf „Patch“ lassen sich Input und Output wie bei einem richtigen Modularsystem „verkabeln“. Auch hier kann man den meisten Parametern per ASSIGN eine Modulationsquelle zuordnen.
Ein Klick auf die kleine Stimmgabel im Routing-Bereich führt zur Pitch Quantization. Hat man einem Effekt eine bestimmte Tonhöhe zugeordnet, zum Beispiel dem Vokoder, lassen sich per Modulator Abweichungen programmieren. Mit Pitch Quantisation werden nur Töne einer bestimmten, frei einstellbaren Skala verwendet. Dafür lassen sich 8 unterschiedliche Patterns definieren, die ebenfalls per Modulator gewechselt werden können.
Morphing
Morphing nennt man die stufenlose Überführung einer Form in eine andere. In gleicher Weise kann man in MOLEKULAR von einem Effektsound zum anderen überblenden. Dieses Morphen kann manuell mit der Maus oder per MIDI-Controller erfolgen, oder man setzt einen Modulator für einen automatischen Morphing Effekt ein.
Im Morphing Monitor bezeichnen die um einen Kreis herum angeordneten Buchstaben A, B, C, D die vier OFFSET Einstellungen, bezogen auf die Grundeinstellung der DSPs, die man zuvor als BASE definiert hat. Die Position, welche dem jeweiligen Effekt-Mix entspricht, wird durch eine kleine „Sonne“ dargestellt. Links sieht man die Position in Grad, rechts wird die jeweilige Effekt-Intensität in Prozent angegeben. Dabei wird nicht einfach zwischen den vier DSPs gemorpht, sondern man kann beliebige Parameteränderungen als OFFSET speichern, die sich auf jeden der vier DSPs auswirken können. „A“ bezeichnet also nicht den Effekt in Slot 1, wie man spontan vermuten könnte, sondern eine OFFSET-Einstellung relativ zur BASE, wo man zuvor den Ausgangssound mit der Schaltfläche „Save“ gespeichert hat.
Um es noch einmal an einem Beispiel zu erklären: Ich höre nicht bei A einen Phasing-Effekt und bei B ein Delay, sondern an beiden Positionen beide Effekte, aber mit unterschiedlichen Parametereinstellungen. „Morphing“ ist der stufenlose Übergang zwischen beiden Einstellungen.
Soundbeispiel: Vom Steinway zum „no way“
Für das folgenden Soundbeispiel habe ich eine kurze Akkordfolge mit einem gesampelten Steinway Flügel eingespielt. Um einen Stutter Effekt zu erzeugen, habe ich das Modul „Level“ in Slot 1 geladen. „Level“ verfügt über einen eigenen Step Sequenzer mit 8 per Modulator steuerbaren Patterns. Die Gate Time der einzelnen Schritte wird hier Pulse With genannt und kann sowohl mit dem Regler PW, als auch im Sequenzer beeinflusst werden.
Im Soundbeispiel kann man hören, wie der Reihe nach 3 weitere Effekte aktiviert wurden: „Filter“, „Phlanger” und „Track Pulses“.
Soundbeispiel: Vokoder
Es gibt beim Vokoder nur vier Effekt-spezifische Parameter: Grundton, Glättung und zwei Intervalle, relativ zum Grundton. Durch die Verknüpfung mit anderen Modulen und durch die Modulatoren werden die Möglichkeiten aber wesentlich erweitert. Man muss eben MOLEKULAR immer als Ganzes sehen. Trotzdem hätte ich mir hier noch eine Pitch-Steuerung per MIDI-Tastatur oder MIDI-Track gewünscht.
Im Soundbeispiel werden der Reihe nach zugeschaltet: „Freezer“, moduliert durch LFO 2, „Filter“ mit Cutoff Modulation durch LFO 1 und EQ. Nachträglich habe ich mit Hilfe des „Routing“-Bereichs die Reihenfolge geändert, in der der Sound die Module durchläuft, und zwar wurde der EQ an die erste Stelle geroutet. Ausgangsmaterial ist eine einstimmige Gesangsmelodie mit E-Piano Begleitung.
Soundbeispiel: Pitch Quantization
Ich habe hier ein Beispiel aus einer Gesangspassage erstellt, die zunächst im Vokoder auf einen einzigen Ton gepitcht wurde. Ein Step Sequenzer schaltet Patterns mit unterschiedlich quantisierten Notenskalen um, die jeweils andere Noten triggern und entsprechende Töne generieren.
Fazit
Die Beschäftigung mit MOLEKULAR macht sehr viel Spaß, wenn man gern an Effekten schraubt und nach ungewöhnlichen Sounds sucht. Man überschreitet schnell die Grenze vom Effekt zum Sound-Design. MOLEKULAR ist wie die Effekt-Sektion eines Synthesizers, in den man externe Sounds einspeisen kann, nur ist mir kein Hardware-Gerät mit so vielen Möglichkeiten bekannt. Das bringt aber auch mit sich, dass man Zeit und Geduld braucht um zu lernen, wie man sich diese Vielfalt zunutze machen kann. Ich finde den Aufbau logisch und übersichtlich und wüsste nicht, wie man es noch besser machen könnte – aber komplex ist es schon.
Sehr hilfreich sind die Animationen beim Morphing, aber auch die kleinen Punkte, die sich im Halbkreis um jeden modulierten Regler bewegen und Bereich und Timing visualisieren, sorgen für Überblick.
Zwei Verbesserungsvorschläge hätte ich: Es wäre schön, wenn man auf einen Blick bei allen Reglern sehen könnte, mit welchen Modulatoren sie verknüpft sind. Beim Vokoder, der sehr sauber klingt und daher eine gute Textverständlichkeit bietet, hätte ich gern eine Steuerung durch MIDI-Noten.
Wer sich für kreatives Effekt-Design mit beinahe unendlichen Variationsmöglichkeiten interessiert, sollte auf jeden Fall die Demo-Version ausprobieren!
Systemvoraussetzungen
Windows
Windows 7 oder Windows 8 (aktuelles Service Pack, 32/64-bit), Intel Core 2 Duo oder AMD Athlon 64 X2, 2 GB RAM (4 GB empfohlen)
Mac
Mac OS X 10.7 oder 10.8 (letztes Update), Intel Core 2 Duo, 2 GB RAM (4 GB empfohlen)Mac oder PC mit kostenlosem REAKTOR 5 PLAYER oder REAKTOR 5. (jeweils Version 5.9)
Keine RTAS-Unterstützung für Pro Tools, jedoch AAX Support
Preis: € 149,-