Buchtipp: Logic Pro X von David Nahmani

Von | 5. November 2014

Aus diesem, im Stil eines Tutorials geschriebenen Buch, können Anfänger und Fortgeschrittene gleichermaßen lernen, auch speziellere Funktionen dieser umfangreichen DAW-Software zu beherrschen.

Logic Pro – im Dschungel der Funktionen

Ich möchte mal behaupten, dass die Anzahl der Menüs, Untermenüs und deren Menüpunkte in Logic Pro X durchaus mit einem Office-Programm wie dem von Microsoft mithalten kann. Wer kennt alle Funktionen von Word oder Excel? Wahrscheinlich nicht einmal diejenigen, die täglich damit umgehen. Und wer beherrscht alle? Wohl kaum jemand. Das muss ja auch nicht sein, denn man braucht ja auch nicht alle.

Genauso ist es beim Umgang mit Logic. Allerdings gerät auch der routinierte Anwender in Situationen, wo es hilfreich wäre, zusätzliche Funktionen zu kennen, die helfen Zeit zu sparen oder sogar bessere Ergebnisse liefern können.

Für Anfänger, denen ich eigentlich erst einmal den Weg über Garage Band empfehlen möchte, ist es mühevoll, das 909 PDF-Seiten starke Handbuch zu Logic Pro X von Apple durchzuarbeiten. Wie es bei einem Handbuch sein muss, wird dort wirklich alles erklärt, und es ist nicht leicht zu entscheiden, wann man ein Kapitel überschlagen kann. Logic Pro X verfügt auch über eine gute Hilfe mit Suchfunktion, die inhaltlich dem Handbuch entspricht. Zusätzlich gibt es die „Dynamische Hilfe“, die zu jedem Bereich, über dem sich der Mauszeiger befindet, in einem kleinen Fenster einen Erklärungstext anzeigt.

Dass ein systematischer Lehrgang, wie ihn das Buch von David Nahmani bietet, trotzdem nicht überflüssig ist, zeigen die vielen Fragen, die in Foren gestellt werden. Der bekannte Ausdruck „RTFM“ (read the f*cking manual) ist nicht gerade hilfreich, denn: Um die richtige Antwort im Manual zu finden, muss man auch die Frage richtig formulieren und das ist nicht immer ganz einfach.

Man erkennt am Deckel, dass das Buch bereits in Benutzung ist.

Man erkennt am Deckel, dass das Buch bereits in Benutzung ist.

 

Das Buch

„Logic Pro X – Professionell Musik komponieren, arrangieren und produzieren“ heißt das Werk einschließlich Untertitel. Neben der Druckausgabe ist es auch als E-Book erhältlich, im ePUB- und PDF-Format. Manch einer mag die elektronische Version bevorzugen; man kann ein iPad neben den Mac legen oder den Inhalt auf einem zweiten Monitor anzeigen lassen. Mir stand die etwas teurere Print-Version zur Verfügung.

Übungsmaterial und Mediendateien zum Buch muss man aus dem Internet downloaden; ein Code dafür ist dabei. Während ich diesen Artikel schreibe, im November 2014, ist die neueste Software-Version von Logic Pro X 10.0.7. Diese Version ist auch die Grundlage für das Buch – aktueller geht’s nicht. Für zukünftige Updates sollen Ergänzungen (in englischer Sprache) online zur Verfügung gestellt werden.

Das Buch gehört zur Reihe „Apple Pro Training Series“ und enthält offizielle Lehrinhalte des Trainings- und Zertifizierungs-Programms von Apple. Wer es durchgearbeitet hat, kann in einem autorisierten Apple-Trainingscenter eine Prüfung ablegen und sich von Apple zertifizieren lassen.

Der Autor David Nahmani ist Musikproduzent, zertifizierter Apple-Ausbilder und Herausgeber von LogicProHelp.com.

Der Umfang von mehr als 500 Seiten bietet eine Menge Stoff, aber keine überflüssigen Wiederholungen. 10 Lektionen mit der Struktur eines Tutorials führen von einfachen Anwendungen zu sehr komplexen Songs und Mischungen. Jede Lektion beginnt mit einer Aufzählung der Lernziele und einer Angabe der dafür ungefähr benötigten Zeit.

Was haben wir heute gelernt?

Am Ende eines jeden Kapitels gibt es eine Liste von Fragen, um das Gelernte zu überpüfen. Die Antworten stehen direkt darunter, so dass man gleich sehen kann, ob man sich selbst auf die Schulter klopfen darf. Dazu kommt eine Tabelle mit den in der Lektion eingeführten Keyboard-Shortcuts.

Die Praxis

Für Anfänger ist es empfehlenswert, das Buch der Reihe nach durchzuarbeiten. Wie es auch in der Schule ist, baut eins aufs andere auf und der Schwierigkeitsgrad steigert sich.

Geübte Anwender (nach gefühlten 100 Jahren Logic darf ich mich wohl dazu zählen) können gern mit einem beliebigen Thema beginnen; man sollte aber immer am Anfang eines Kapitels starten, weil das zugehörige Übungsmaterial zunächst geladen und dann nach und nach editiert wird.

Da ich ein fundiertes Urteil über das Buch abgeben möchte, bin ich der Reihe nach vorgegangen und habe einiges dazu gelernt, beispielsweise über das „Comping”. Dabei wiederholt man eine Audioaufnahme des gleichen Parts mehrfach und entscheidet nachträglich, welche Abschnitte davon verwendet werden sollen. Ich dachte immer, es ginge schneller, zu löschen und neu aufzunehmen bis es gut ist. Nachdem ich es jetzt mit dem Übungsmaterial durchprobiert habe, denke ich anders darüber und werde es bei der nächsten Gelegenheit anwenden.

Und um ehrlich zu sein: Es gibt Funktionen, die mir bisher völlig unbekannt waren – dazu später mehr.

 

Die Abbildungen zeigen jeweils gut gewählte Ausschnitte.

Die Abbildungen zeigen jeweils gut gewählte Ausschnitte.

 

Am Anfang war der Loop

Wer diesen Logic Pro Lehrgang absolviert, beginnt mit Apple-Loops. Das hat den Vorteil, dass man nicht erst selbst etwas aufnehmen oder spielen muss. Außerdem lernt man die Eigenarten der „Spezies Loop“ kennen, wie diese sich an Tempo und Tonart anpassen lassen und noch vieles mehr.

Hier ein erstes Ergebnis in Bild und Ton. In der Mixer-Darstellung sieht man, dass auch schon Plug-ins verwendet werden, nämlich der Bass Amp und für das Piano ein kleiner Raum vom Space Designer (Space D).

 

Übung "Get dancing 1" Regionen

Übung “Get dancing 1” Regionen

Übung "Get dancing 1" Mixer-Ansicht

Übung “Get dancing 1” Mixer-Ansicht

 

Der Ingenieur, der hat es schwör

Da man wirklich tief in die Materie eintaucht, muss man sich eine Menge merken. Darum ist es von Vorteil, hier fertiges Audiomaterial zur Verfügung zu haben, von der Gitarrenaufnahme bis zum Gesang. Auch fehlerhafte Einspielungen sind dabei, die es mit den Werkzeugen von Logic Pro X zu verbessern gilt. Und den entsprechenden Werkzeugkasten darf man ausgiebig nutzen.

Im zweiten Beispiel wurden die „Muted Single Notes“ der Gitarre aus mehreren Parts zurecht geschnitten und Störgeräusche durch Ein- und Ausblendungen beseitigt.

 

Hier wurde schon editiert (Gitarrenspur).

Hier wurde schon editiert (Gitarrenspur).

Im Mixer sieht man, dass auf der Gitarrenspur der Channel EQ, der Compressor und eine Amp-Simulation eingesetzt wurden.

 

Die Mixer-Ansicht des fortgeschrittenen Projekts

Die Mixer-Ansicht des fortgeschrittenen Projekts

 

Neues entdecken – ein Beispiel

Okay, wenn jetzt jemand sagt, was jetzt kommt sei ein alter Hut, kann ich nur gratulieren. Aber für mich war es neu, dass man auf den zuvor mit dem Fade-Werkzeug eingezeichneten Bereich einer Blende durch einen Rechtsklick ein kleines Menü anzeigen kann. Die Wahl des Begriffs „Verlangsamen“ bewirkt dann, dass der Ton nicht leiser wird, sondern stattdessen die Tonhöhe nach unten geht, als würde man ein Tonband abbremsen.

In der gleichen Lektion werden die globalen Spuren erklärt und man zeichnet nach Anleitung eine Tempo-Kurve. Das Tempo der Musik steigert sich dadurch langsam von 62 BPM auf 75 BPM und fällt dann für den Ausklang auf 40 BPM ab. Ganz am Schluss hört man den beschriebenen Effekt „Verlangsamen“.

 

Ganz oben die Tempokurve; Effekt "Verlangsamen" am Ende der untersten Spur

Ganz oben die Tempokurve; Effekt “Verlangsamen” am Ende der untersten Spur

 

Bremsspuren

Inspiriert von dieser Lektion habe ich mir einen eigenen Demo-Song vorgenommen, den ich zum Test der Native Instruments Session Horns Pro erstellt hatte. Nach „Verlangsamen“ habe ich jetzt auch noch „Beschleunigen“ eingefügt und am Schluss den Song ausgeblendet. Dabei ist mir aufgefallen, dass sich beim Umwandeln von „Fade“ zu „Verlangsamen/Beschleunigen“ zwar sofort die Farbe des Bereichs ändert, der Effekt aber erst zu hören ist, nachdem ich noch einmal mit dem Fade-Werkzeug etwas an der Kurve gezogen habe.

Die Kurven "Verlangsamen/Beschleunigen" sind orange, die Fade-Out Kurve am Ende ist weiß.

Die Kurven “Verlangsamen/Beschleunigen” sind orange, die Fade-Out Kurve am Ende ist weiß.

 

In der Kürze liegt die Würze

Shortcuts – oder Tastaturkurzbefehle – können den Workflow ungemein beschleunigen. Fast bei jedem Arbeitsschritt verrät der Autor den alternativen Kurzbefehl. Bei gleichzeitigem Ausprobieren sind die Chancen recht gut, dass man einige davon im Kopf behält. Sehr schön finde ich die Zusammenfassung der in der Lektion benutzten Kurzbefehle jeweils am Schluss und die nach Sachgebieten gegliederte vollständige Tabelle im Anhang des Buches.

 

Was steht drin?

Das Buch beginnt mit einer Übersicht über die Themen, dann folgt eine ausführliche Inhaltsangabe.

Die 10 Lektionen

  1. Musik machen mit Logic – jetzt!
  2. Audio aufnehmen
  3. Audiobearbeitung
  4. Eine virtuelle Drum-Spur erstellen
  5. MIDI-Aufnahme und Controller
  6. MIDI-Sequenzen erstellen und bearbeiten
  7. Tonhöhe und Timing bearbeiten
  8. Ein Arrangement bearbeiten
  9. Abmischen
  10. Die Mischung automatisieren

Anhang

Anhang A Externe MIDI-Geräte verwenden

Anhang B Tastaturkurzbefehle

Im Glossar werden Fachausdrücke verständlich erklärt und das Index-Verzeichnis am Schluss erlaubt die Suche nach tausenden von Stichwörtern. Der gelungene Aufbau dieses Buches macht es auch zu einem sehr nützlichen Nachschlagewerk.

Was steht nicht drin?

Logic eignet sich auch zur Filmvertonung. Digitales Filmmaterial lässt sich direkt im Programm anzeigen und synchron vertonen, sogar mit Surround-Sound. Darüber erfährt man hier nichts. Auch die Synchronisation mit anderen Audio-Programmen wie Propellerhead Reason per ReWire wurde ausgelassen. Die zahlreichen virtuellen Instrumente und Sampling-Libraries kommen ebenfalls wenig zum Zuge. Programmier-Tipps für eigene Sounds würden sicher den Rahmen sprengen. Gerade die Themen Filmvertonung und Instrumente sind allerdings so umfangreich, dass man ein zweites Buch gleichen Umfangs dazu verfassen könnte.

 

Sehr gut ist die Lektion zu "Drummer" und "DrumDesigner".

Sehr gut ist die Lektion zu “Drummer” und “DrumDesigner”.

 

Fazit

Das Buch bietet einen sehr guten Grundlehrgang, der vom einfachen Percussion-Loop bis zur fertigen Mischung umfangreicher Songs führt. Es ist in leicht verständlicher Sprache geschrieben und gut gegliedert. Auch an der deutschen Übersetzung gibt es nichts zu bemängeln. Sehr oft geht der Autor ins Detail und verrät Funktionen, die man sonst leicht übersieht. Man merkt, dass das Buch von einem Profi stammt, der großen Wert auf einen zügigen Workflow legt und zeigt, wie man sein Ziel mit den richtigen Logic-Werkzeugen und mit Tastaturkurzbefehlen schnell erreicht. Ich glaube, dass fast jeder Logic Pro X Anwender aus diesem Buch noch etwas lernen kann. Zu den Highlights zählt für mich die ausführliche Beschäftigung mit dem „Drummer“, die zeigt, wie man den Sound, aber auch vorgefertigte Rhythmus-Patterns individuell an einen Song anpassen kann, sowie die Anwendungsbeispiele für „Smart Controls“ und die Spur-Automation. Das umfangreiche Übungsmaterial (Download) macht es möglich, dass man sich ganz auf den Umgang mit Logic Pro X konzentrieren und die Bedienung erlernen kann, selbst wenn man selbst kein Musiker ist.

 

Titel: Logic Pro X – Professionell Musik komponieren, arrangieren und komponieren

Autor: David Nahmani

ISBN: 978-3-944-165-11-0

Verlag: dpunkt.verlag GmbH

Vertrieb: www.smartbooks.de

Preis: gedruckte Ausgabe: EUR 39,90

PDF/ePub: EUR 31,99

E-book zusätzlich zum Buch über dpunkt.plus EUR 9,90

Die Bücher von David Nahmani sind auch bei Amazon erhältlich!

>>> Ein weiteres Buch zu Logic Pro X ist im Februar 2015 erschienen; hier meine Rezension.

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