Test: e-instruments Session Keys Upright

Von | 15. Dezember 2017

Session Keys Upright von e-instruments bietet den Sound eines Pianos der Spitzenklasse in offenem und in geschlossenem Zustand. Die Klangeigenschaften lassen sich vielseitig an die Erfordernisse einer Produktion anpassen. Sogar extremes Sound-Design ist möglich.

 

Once upon a time

Ich erinnere mich an Testartikel, die vor langer Zeit in Fachzeitschriften erschienen sind. Man nahm die Produkte streng unter die Lupe und ein neuer Synth wurde auch schon mal als „Tischhupe“ abqualifiziert. Damals wurde bei jedem neuen Synthesizer auch der Piano-Sound bewertet. Und der war immer irgendwie von „ganz mies“ bis „geht so“. Dann kam Sampling. Schon am Emu e-max II hatte ich einen Steinway-Flügel – Wunder der Technik. Inzwischen klingen die Sampling Instrumente in der DAW richtig toll und der Markt an Grand-Piano-Libraries ist riesig. Zeit, um sich an den Charme eines ganz normalen aufrecht stehenden Klaviers zu erinnern, wie man es aus Theatern, Kneipen oder sogar dem eigenen Wohnzimmer kennt.

e-instruments

Die Session Keys Reihe von e-instruments umfasst bereits eine Reihe von Sampling Libraries in professioneller Qualität. Bei der neusten Veröffentlichung hat man sich ein Klavier – englisch Upright Piano – vorgenommen. Wie gewohnt, hat die Hamburger Firma sich Zeit gelassen und alles umgesetzt, was technisch möglich ist. Das Kontakt-Instrument Session Keys Upright lässt sich standalone oder als Plug-in in der DAW einsetzen.

Download und Installation

Die Sampling-Daten haben unkomprimiert einen Umfang von 40 GB, 20 GB verlustfrei komprimiert. Nach dem Download von der e-instruments-Website muss die Library mit Hilfe des Programms Native Access von Native Instruments registriert und dort mit „Add Library“ aktiviert werden. Wer NI Kontakt besitzt, kann gleich loslegen, sonst lässt sich der kostenlose Kontakt Player herunterladen, mit dem die Benutzung ebenfalls ohne Einschränkung möglich ist.

 

 

Session Keys Upright in Kürze

  • 2 separate Soundbänke: offen und geschlossen
  • Pentamorph Sound-Kontrolle zum Transformieren des Sounds mit einem einzigen Bedienelement
  • Animator mit mehr als 400 flexiblen Phrasen
  • Smart-Chord Funktion, um Akkorde mit einer Taste oder mit Pads zu spielen
  • Kontrolle über Dynamik und Timbre
  • Einstellung von Resonanzverhalten und Hüllkurve
  • unterstützt bis zu 3 Pedale
  • 6 digitale Effekte
  • Native Instruments NKS-kompatibel
  • 24 bit, 44,1 kHz

 

Das Piano

Bei dem gesampelten Upright Piano handelt es sich nicht um eine altmodische Klimperkiste mit Vintage-Flair, sondern um ein modernes Instrument. Für die Soundbank mit offener Frontverkleidung wurden die Saiten leicht verstimmt und ein Aufnahmeraum mit reflektierenden Oberflächen gewählt. Die geschlossene Variante wurde mit perfekt gestimmten Saiten in einer akustisch trockenen Umgebung aufgenommen.

 

 

In beiden Varianten klingt der Sound ohne Effekte sehr direkt. Ein Vorteil bei Musikproduktionen, um das Instrument in ein Playback einzubetten.

Open:

 

Closed:

 

Das Werks-Preset „Cinematic“ gefällt mir sehr gut; hier bei geschlossenem Piano:

 

Die Piano Section

Das grafische User-Interface ist in mehrere Bereiche aufgeteilt. Ich verwende hier den englischen Begriff „Section“, damit meine Beschreibung mit der Beschriftung des Plug-ins übereinstimmt.

Dynamic

Response Knob

Hier wird die Anschlagdynamik geregelt Sie einzugrenzen kann sinnvoll sein, falls leise Anschläge in einem lauten Playback unterzugehen drohen.

Timbre Knob

Mit dem Timbre Knob lässt sich die Klangfarbe ändern, indem der Anteil laut oder leise aufgenommener Samples eingestellt wird.

 

Pentamorph Fader und Buttons

In der Mitte befindet sich der Pentamorph Fader. Damit lässt sich zwischen fünf verschiedenen Klangeinstellungen „morphen“ (Klick auf eine Bezeichnung der Eckpunkte) oder stufenlos Überblenden mit gedrückter Maustaste. In den extremsten Einstellung sind nur die Rückwärts-Samples oder die mechanischen Geräusche zu hören. Die Bedien-Vorgänge lassen sich per DAW-Automation in Echtzeit automatisieren. Noch besser als mit dem Mauszeiger geht das mit einem Hardware-Controller.

 

In der Mitte der Pentamorph-Fader

 

Das nächste Hörbeispiel ist keine künstlerische Darbietung sondern nur eine technische Demonstration: Einmal Pentamorph rauf und runter!

 

 

Pedale

Drei Pedale stehen zur Verfügung; ihre Funktionen lassen sich aktivieren oder de-aktivieren.

 

Settings Pop-Up

Einige Feineinstellungen finden sich hier, z. B. Die Wahl der Stimmung (gleichstufig temperiert wie bei einem Synthesizer oder gestreckt), die Funktionen Silent Key und Halb-Pedal und 3 Velocitiy-Kurven. Auch die Tonhöhe (Standard A=440 Hz) kann bei Bedarf an andere Instrumente angepasst werden.

 

Die Sound Section

Presets

Presets lassen sich laden, speichern und löschen.

 

Tonality Pop-up

Der Bereich „Tonality“ enthält Parameter-Einstellungen, die den Sound stark beeinflussen. Die Lautstärke der Resonanztöne bei gedrücktem Haltepedal lässt sich hier ebenso regeln, wie die Intensität von Nebengeräuschen. Die in Attack und Decay regelbare Hüllkurve und die Möglichkeit, Samples rückwärts ablaufen zu lassen, führen von der Klangregelung zum Sound-Design.

Eine starke Hüllkurven-Bearbeitung wie im nächsten Beispiel führt zu einem Effektklang, der mit einem Piano kaum noch Ähnlichkeit hat:

 

 

Effects Pop-up

Eine Kette von Effekt-Generatoren, bestehend aus Equalizer, Color, Reverb, Compressor, Stereo Width und Delay stehen hier zur Verfügung. Color enthält 22 Klangfärbungen wie „Radio“, „Leierkasten“, „Psychedelisch“. Damit lässt sich der Sound teilweise erheblich verfremden. 24 Raumsimulationen lassen sich im Bereich Reverb aufrufen.

 

Die Effects-Einstellungen

 

Die Smart Chord Section

Die Smart-Chord Funktion macht es möglich, Akkorde einer ausgewählten Tonart (Dur, Moll, Dominant 7, Dorisch) mit jeweils einer weißen Taste des virtuellen 1-Oktav-Keyboards oder des angeschlossenen MIDI-Keyboards zu triggern. Zusätzlich gedrückte schwarze Tasten bewirken Akkord-Umkehrungen oder Erweiterungen (sus4. +7, +9). Außerdem kann dem jeweiligen Akkord ein weiterer Grundton oder eine Quinte im Bassbereich hinzugefügt werden. Zusätzlich gibt es die in der Intensität regelbare Funktion „Humanize“, welche dafür sorgt, dass die Smart Chords nicht zu „maschinenhaft“ klingen. Hier werden die Akkordtöne nicht genau synchron ausgelöst, sondern es klingt so, als wenn der Spieler nicht alle Finger hundertprozentig gleichzeitig aufsetzen würde. Zur Benutzung mit Pad Controllern (z. B. Native Instruments MASCHINE) lassen sich Akkorde wahlweise auch Pads zuordnen. Für den Fall, dass der Akkord per Mausklick ausgelöst wird, lässt sich die Anschlagstärke einstellen.

 

Die Funktion Smart Chords

 

Der Animator

Der Animator ist ein MIDI-Phrasen-Player, der sich an eine Komposition anpassen lässt. Die vorprogrammierten Piano-Phrasen bedienen verschiedene Stilrichtungen und sind in Songs gruppiert. Jeder der Songs enthält bis zu sechs Phrasen, die jeweils für eine bestimmte Funktion wie Intro, Verse, Bridge, Chorus, End vorgesehen sind. Die Phrasen eines jeden Songs lassen sich gegen Phrasen eines anderen austauschen. Die so erstellten eigenen Songs können unter einem neuen Namen gespeichert werden. Es stehen mehr als 400 Phrasen zur Verfügung. Die Phrasen passen sich in der Tonalität den Akkorden an, die man mehrstimmig mit der Hand oder auch per Smart-Keys spielt.

 

Der Animator mit der Liste der Phrasen

 

Im Animator werden Songs über ein Ausklapp-Menü gewählt. Dieses wird oberhalb der senkrechten Tastatur geöffnet, welche die Funktionstasten anzeigt, mit denen sich die Animator Patterns während des Spiels umschalten lassen. Als Funktionstasten dienen die MIDI-Noten C-2 bis A-2 – also ganz links außen.

Die Animator-Phrasen können auch während des Spiels beeinflusst werden. Mit dem Modulation Wheel lässt sich in drei Stufen ihre Komplexität bestimmen. Das Pitch Wheel kann alternativ oder zusätzlich zum Tastenanschlag die Anschlagstärke steuern. Ein Swing-Parameter ist ebenso vorhanden, wie eine Umschaltung des relativen Tempos auf halbe oder doppelte Geschwindigkeit.

Hier einige Animator-Beispiele. Ich habe die Factory-Songs verwendet und meistens nur mit einem Finger gespielt, also gleichzeitig die Smart-Chord-Funktion benutzt. Man hört immer die gleiche Akkordfolge: C, dm, em, G, C. Die Komplexität der Phrasen ist immer auf „1“ eigestellt:

 

 

 

 

 

 

Automation und externe Steuerung

Alle Drehregler und Fader können durch die Automation des Host-Programms kontrolliert werden, oder über externe MIDI-Geräte, wie NKS-Keyboards von Native Instruments oder Maschine. Der NKS-Standard von Native Instruments ermöglicht eine komfortable Bedienung von virtuellen Instrumenten. Parameter werden automatisch auf 10 Pages 8 Drehreglern zugeordnet; die wichtigsten sind auf der ersten Page zu finden. Wenn ein Regler am Keyboard bedient wird, bewegt sich auch der virtuelle Regler auf dem Monitor. Umgekehrt spiegeln die Displays am Keyboard Veränderungen wider, die man mit der Maus am Bildschirm vornimmt. Seit dem letzten Update gibt es eine Pre-Listening Funktion, mit der Sounds vorgehört werden können, ohne das vollständige Instrument bzw. Die Sampling Library zu laden. Hardware anderer Hersteller, die MIDI-Controller Messages senden kann, ist natürlich auch zur Steuerung geeignet.

 

Fazit

Mit Session Keys Upright ist e-instruments wieder ein Volltreffer gelungen. Der wunderschöne, klare Piano-Sound eignet sich für solistische Darbietungen genauso gut, wie im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten. Die unterschiedlichen Charakteristiken der offenen und der geschlossenen Version sorgen für vielseitige Einsatzmöglichkeiten. Wie auch bei den anderen Instrumenten der Session-Keys-Reihe ist mit der Reproduktion des Originalklangs der Vorbilder noch nicht Schluss. Mit vielen Einstellmöglichkeiten lässt sich der Sound verändern, bis hin zur Verfremdung durch Rückwärts-Samples. Dabei erweist sich besonders der Pentamorph Fader als praktisch. Smart Chord-Funktion und Animator erleichtern das Erstellen komplexer Piano-Begleitungen und inspirieren mit professionell eingespielten Phrasen. Bei dem großen Angebot an virtuellen Instrumenten habe ich mich schon einmal gefragt: Wie viele Klaviere braucht der Mensch eigentlich? Keine Ahnung – aber dieses schon!

Preis: € 99,-*

Website des Herstellers: e-instruments

*Preisangabe ohne Gewähr, entspricht dem Stand vom 15. 12. 2017 und wurde online ermittelt.

 

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Ein Gedanke zu „Test: e-instruments Session Keys Upright

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