Test: IK Multimedia – Sunset Sound Studio Reverb

Von | 9. März 2020

Das Sunset Sound Studio in Los Angeles kann auf eine lange Tradition zurückblicken. The Doors, the Rolling Stones, Prince, Bob Dylan und viele andere Stars haben hier legendäre Musik aufgenommen. Raumakustik und Hall-Erzeuger des Studios präsentiert IK Multimedia als Plug-in für die DAW.

IK Multimedia Sunset Sound Studio Reverb

Das Plug-in lässt sich sowohl als Modul in der Mastering-Suite IK Multimedia T-RackS, als auch in einem Channel-Strip der DAW öffnen. Neben der Faltungshall-Technik, die mit gesampelten Impuls-Antworten arbeitet, hat IK Multimedia auch Physical Modeling eingesetzt. Die Audio-Aufnahmen, die die Grundlage für die Programmierung der Software bilden, wurden mit dem Mikrofon-Inventar des Sunset Sound Studios gemacht, die vor Ort eingebauten Mischpulte wunden ebenfalls dafür eingesetzt. So entstand ein detailreiches akustisches Abbild, das dem Ziel so nahe wie möglich kommt, die Musik aus dem Computer so klingen zu lassen, als wäre sie im Sunset Sound Studio in Los Angeles produziert worden.

Sunset Sound Studio Reverb
Sunset Sound Studio Reverb

Die übersichtliche, skalierbare Grafik zeigt in jeder Größe gut lesbare Beschriftungen. Die Bedienelemente sind praktisch angeordnet. Vier Hintergrund-beleuchtete Tasten sind für die Wahl der Hall-Arten zuständig: CHAMBER, LIVE ROOM, ISO BOOTH, PLATE/SPRING. Für die gewählte Hall-Art gibt es jeweils drei Quellen, die mit den Tasten daneben bestimmt werden: STUDIO 1, STUDIO 2, STUDIO 3. 

Schaufenster

Die Mitte des User-Interface wird von einem großflächigen Display eingenommen, das Räume in einer beweglichen 360°-Ansicht zeigt. 

ISO Booth Studio 3
Blick durch die Scheiben der ISO Booth ins Studio 3

OPTIONS am – unteren Display-Rand links – zeigt zusätzliche Schaltflächen mit denen sich Grundeinstellungen zur jeweiligen Hall-Quelle wählen lassen. Die Einstellungsmöglichkeiten sind je nach Raum oder Gerät unterschiedlich, wie Phasen-Drehung, Dämmung oder verschiedene Mikrofonpositionen.

Options
Options Plate 2

Ein Klick auf INFO auf der rechten Seite bringt, wie der Name sagt, Informationen über die links gewählte Quelle „auf den Schirm“.

Info-Text Studio 1, Live Room

Bedienung

Die Bedienung des Plug-ins ist wirklich kinderleicht. Für INPUT und OUTPUT gibt es Fader, sonst erfolgt die Bedienung mit Drehreglern und Tasten. Ein waagerechter Channel Strip mit farbigen Drehreglern, die klassischen Mischpulten nachempfunden sind, ermöglicht Eingriffe in das Klangverhalten. PRE DELAY sorgt für eine Vor-Verzögerung, wie sie früher mit einem Tonbandgerät erzeugt wurde und heute als einstellbarer Wert bei jedem Hallgerät oder Plug-in zu finden ist. DECAY regelt die Abklingzeit des Nachhalls. Die Klangregelung bietet Hi- und Low Pass-Filter, sowie die Möglichkeit, die Höhen oder Tiefen breitbandig anzuheben oder abzusenken. Zwei weitere Regler beeinflussen den Stereo-Effekt. Sehr sinnvoll finde ich die SOLO-Tasten für das trockene Signal und das Hallsignal. Hier kann man blitzschnell hin- und her schalten um das mit den Fadern eingestellte Mischverhältnis zu beurteilen. Man hört auch genau, ob der gewählte Nachhall für den jeweiligen  Sound optimal ist oder nicht. 

Presets

Presets

Die Liste der Presets ist in zwei Rubriken unterteilt: Insert und Send. Bei den Insert-Presets steht der Output-Fader auf -12 dB, während er bei einem Send-Effekt auf vollen Pegel eingestellt ist. Das macht Sinn, weil die Lautstärke im zweiten Fall mit dem Send-Regler des Mixer-Kanals geregelt wird. Überhaupt ist alles gut durchdacht. Es gibt eine Vielzahl von Presets, wobei spezielle Einstellungen mit Klangregelung jeweils am Ende der Liste zu finden sind. (Die Abbildung zeigt nur eine kleine Auswahl.)

Chambers – mehr vintage geht nicht!

Bevor elektro-mechanische und später elektronische Hallgeräte auf den Markt kamen, wurde den Studioaufnahmen die Akustik realer Hallkammern zugemischt. Man schickte den Schall zu einem Lautsprecher in der Kammer, nahm das verhallte Signal mit einem oder mehreren Mikrofonen wieder auf und schickte es zurück zum Mischpult. Zum Teil sind diese Hallräume noch in Betrieb, weil sie einen besonders schönen Hall liefern, der einen anderen Charakter hat, als ein künstlicher. Sicher gibt es im Sunset Sound Studio auch die üblichen elektronischen Top-Geräte von Lexicon und anderen Herstellern. Weil diese Geräte aber nicht typisch für dieses Studio sind, sondern überall auf der Welt gleich klingen, wurde darauf verzichtet, sie einzubeziehen. Software-Emulationen davon gibt es in ausreichender Zahl. Besonders für Gesang finde ich den Chambers-Hall richtig gut. Das Sunset Sound Studio besitzt drei Hallkammern von unterschiedlicher Größe und Form, die dementsprechend unterschiedlich klingen.

Hörbeispiele

Auf den ersten Blick kann man die Vielseitigkeit des Plug-ins leicht unterschätzen. Aber mit den Tasten lassen sich 4 mal 3, also 12 unterschiedliche Klangerzeuger einstellen. Über das Option-Menü sind dann noch zusätzliche Grundeinstellungen wählbar. Hinzu kommen Pre Delay-Einstellungsmöglichkeiten und die Klangregelung. Ich habe für meine Audio-Beispiele nur einige typische Anwendungen gewählt. Auch die hier nicht verwendeten Hallquellen sind keinesfalls von schlechterer Qualität!

Kammerkonzert – Chambers

Zuerst geht es in die Hall-Kammern. Der Spur mit der Sängerin wurde nach 4 Sekunden der Hall von Chamber Studio 1 hinzugemischt: 

Chamber Studio 1, Sängerin

Im nächsten Beispiel dient Chamber Studio 3 dazu, die Gitarre zu verhallen. Zuerst der trockene Sound, dann mit Hall:

Gitarre, zuerst trocken, dann Chamber Studio 3 zugemischt

Dezent eingesetzt, klingt der Hall von Chamber 3 auch auf den Drums nicht schlecht, er wurde im dritten Takt dazu geschaltet:

Drums, Chamber Studio 3 nach 2 Takten

Live Rooms

Mit der Akustik der drei Studioräume lassen sich Instrumente oder ganze Bands vor Ort im Sunset Sound Studio aufnehmen, jedenfalls virtuell. 

Schlagzeug, Sunset Studio Live Room Studio 2, wieder abTakt 3:

Schlagzeug im Studio 2

Vocals, Live Room Studio 1, ohne zusätzlichen Hall:

Akustik Studioraum 1 ohne zusätzlichen Hall

Eine ganze Band mit Delays und Hall (von anderen Plug-ins) auf einzelnen Instrumenten, mit der Raumakustik des Sunset Studio 2 in der Summe. Die Takte 3 und 4 sind ohne zusätzliche Raumakustik zu hören. Vor allem über Kopfhörer macht das einen deutlichen Unterschied :

Nach den ersten beiden Takten wurde das Plug-in für 2 Takte ausgeschaltet.

Kabinen-Akustik – Iso Booth

Für Gesangsaufnahmen, die möglichst trocken klingen sollen, bevor man sie in den Mix „einpasst“, aber auch für Instrumente, die gleichzeitig mit anderen eingespielt werden, verwendet man in Studios Trennwände, oder geschlossene Schallkabinen. Im Sunset Sound Studio gibt es drei solche isolated booths.

In diesem Beispiel wird der Drummer nach den ersten Takten in die Kabine gesetzt. Vor allem die Snare klingt deutlich kräftiger. Über einen Kopfhörer fällt die verbesserte Räumlichkeit des ganzen Drumkits am deutlichsten auf:

In der Schlazeugkabine

Sprache, die aus geringer Distanz aufgenommen wurde, profitiert ebenfalls von zusätzlicher Raumakustik, wenn es sich um eine gut klingende Studio-Umgebung handelt. Die Wiederholung des Textes wurde hier in die Iso Booth des Sunset Sound Studios versetzt:

Der gleiche Text, erst trocken, dann “in der Sprecherkabine” von Studio 1

Platten- und Federhall

Reverb Plates und Spring Reverb sind die Alternativen zu elektronischen Hall-Erzeugern, wobei besonders der Platten-Hall als digitale Imitation in jedem Hallgerät, Hardware oder Software, zu finden ist. Die legendäre Hallplatte EMT 140 vom deutschen Hersteller EMT gibt es im Sunset Sound im Original, die zweite Hallplatte ist die amerikanische Variante Echoplate, deren weicherer Sound sich deutlich unterscheidet. Das Federhall-System AKG BX-20E spielt ebenfalls in der Retro-Liga.

Die Schlagzeug-Aufnahme, die hier bereits mehrfach zu hören war, jetzt ab Takt 3 mit EMT-PLATE-Hall:

Drums mit Plattenhall

Gitarre, Plate 1 Echoplate, mittlere Halldauer:

Hall von Plate 1 (Echoplate) auf der Gitarre

Gitarre, Plate 2 EMT, langer Hall:

Gitarre, EMT-Hallplatte

Noch einmal Gitarre, Spring AKG BX-20E, mittlere Halldauer:

Der Federhall AKG BX-20E erzeugt einen sehr schönen, gleichmäßigen Hall.

Hier noch einmal die Sängerin, jeweils nach der zweiten Gesangssphrase mit Hall. Zwei verschiedene Einstellungen zum Vergleich hintereinander. Zuerst Plate 1, die Echoplate-Hallplatte und dann Spring, der Federhall AKG BX-20E mit mittlerer Halldauer:

Sängerin, zuerst Plate 1, dann Spring Reverb

Zum Schluss die Gitarre mit 2 Sunset-Plug-ins hintereinander im gleichen Kanal. Mit der Akustik des Live Room 2 wurde der Spur mit dem zweiten Plug-in ein 4-Sekunden-Hall von der EMT-Platte hinzugefügt, mit einem Pre-Delay von 120ms. Die Einstellungen sind auch genauso in der Abbildung unter dem Audio-File zu sehen.

Gitarre mit 2 Instanzen Sunset Sound Studio Reverb hintereinander
2 Instanzen des Plug-ins für den Gitarrensound

Fazit

Mit IK Multimedia Sunset Sound Studio Reverb holt man sich mit einem einzigen Plug-in die gesamte Akustik eines internationalen Top-Studios in die DAW. Auch falls man nicht in der Lage ist, die Good Vibrations der Beach Boys und den Sonnenschein von Los Angeles herauszuhören, ist diese Software eine Bereicherung für die Musikproduktion mit dem Computer. IK Multimedia hat eine lange Erfahrung bei der Emulation analoger Sounds. Ob die Gitarrensounds von AmpliTube 4, die Luerssen Mastering Console oder die gemodelten Sounds von Modo Bass und Modo Drum, sowie die Hammond B-3X, die reale Studiowelt lässt sich mit großer Authentizität in der DAW zum Leben erwecken. Auch die Mastering-Software IK Multimedia T-RackS 5 gehört unbedingt dazu. Hier lässt sich Sunset Studio Sound ebenfalls gut einsetzen, um am Ende der Produktionskette die Musik in eine schön klingende Umgebung einzubetten.

Um Sunset Sound Studio Reverb zu perfektionieren, wurden Mischpulte und Mikrofone des Studios bei der Programmierung der Software integriert. Ich hoffe, dass meine Audio-Beispiele bei der Beurteilung des Plug-ins hilfreich sind. Den Unterschied zwischen trockenem und bearbeitetem Signal hört man über jeden Lautsprecher, ich empfehle aber Kopfhörer, weil man damit die Akustik des Abhörraums, in dem man sich tatsächlich befindet, am besten ausblenden kann. Mir gefällt der natürliche Sound des Plug-ins sehr gut. Ein weiteres Plus ist die übersichtliche Bedienung mit Reduzierung auf die wichtigsten Einstellungsmöglichkeiten. Für räumlichen Sound mit analoger Ausstrahlung ist IK Multimedia Sunset Sound Studio Reverb sehr zu empfehlen!

music-knowhow Redationstipp

Für Mac und PC, unterstützte Plug-in Formate (64-bit): Audio Units, VST 2, VST 3, AAX.

Preis: (Angabe unverbindlich, online ermittelt am 9. März 2020)
€149,99 plus Umsatzsteuer

HerstellerIK Multimedia

KOMMENTARE UND ANFRAGEN AUCH BEI FACEBOOK ODER PER MAIL AN: juergen(at)music-knowhow.de

Aktuelle Testberichte und mehr zum Thema Musik immer hier…

Ein vollständiges Inhaltsverzeichnis aller Artikel auf facebook hier…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert