Test: IK Multimedia ARC System 3

Von | 10. Mai 2020

Aus vielen Studios nicht mehr wegzudenken: Die IK Multimedia Software ARC zur akustischen Raum-Korrektur. Mit ARC System 3 geht das Mess- und Korrektursystem in die dritte Runde, mit neuen Algorithmen, die den Raum dreidimensional erfassen.

Stay at home – Mix at home!

Während ich diese Zeilen schreibe, sind Homestudios sind gerade sehr “in”. Mach’ Musik, aber: #stayathome! Aufnahmeräume, die nicht aufwändig akustisch optimiert wurden, verfremden den Sound der besten Lautsprecher. Für einen Mix, der überall gut klingen soll, ist ein linearer Klang der Abhöranlage Pflicht. 

Das IK Multimedia ARC System

Die einfachste und auch preiswerteste Art, eine zuverlässige Abhörsituation zu erzeugen, besteht darin, zu analysieren, welche Frequenzen vom Raum verstärkt, oder abgeschwächt werden. Außerdem wird gemessen, wie die Stereobasis beeinflusst wird, ob Phasenverzerrungen auftreten oder „stehende Wellen“ entstehen, bei denen tiefe Töne sich durch Reflexion gegenseitig aufschaukeln. Mit Hilfe von Filtern werden diese Effekte bei der Wiedergabe zum größten Teil eliminiert. So in etwa ist das Grundprinzip elektronischer Raumkorrektur, wie IK Multimedia ARC.

ARC System 3
IK Multimedia ARC System 3

IK Multimedia ARC System 3 in Kürze:

Das Mikrofon

Für die Messungen ist ein Mikrofon erforderlich, das die Messtöne, die von den Studiolautsprechern wiedergegeben werden, empfängt.

ARC Messmikrofon, JBL Lautsprecherboxen

Das Analyse-Programm

Das ARC Messprogramm – oder die App, wie man auch sagen kann – wird benötigt, um die Messtöne zu erzeugen, sie zu analysieren und die Ergebnisse zu speichern.

Das Plug-in

Die grafische Darstellung im Plug-in zeigt die gemessenen Unregelmäßigkeiten der Raumakustik und das Ergebnis der Korrektur, die nach einem Klick auf ON auf die Tonwiedergabe angewendet wird.

Mikrofonauswahl

Es gibt zwei Versionen des ARC System 3, mit Mikrofon, dann bezahlt man etwas mehr und bekommt Hardware und Software zugeschickt, oder ohne Mikro als Download. Es lässt sich aber nicht nur das Mikrofon der neuen Version verwenden, auch vorhandene  Mikrofone von älteren ARC-Versionen sind kompatibel. Sogar ein beliebiges Messmikrofon eines anderen Herstellers lässt sich einsetzen. In diesem Fall sollte man vom Hersteller das microfone calibrabion file, normalerweise ein Text-Dokument, anfordern. Es lässt sich in das ARC-Messprogramm laden.

Das Messmikrofon besitzt eine Kugelcharakteristik, damit der Schall von allen Seiten mit gleicher Stärke aufgenommen wird. Das IK Multimedia ARC System 3 bringt eine zusätzliche Richtung ins Spiel. Durch die Positionierung des Mikros in unterschiedlichen Höhen kommt eine weitere Dimension hinzu, deshalb spricht der Hersteller hier von einer 3-D Analyse des Raums.

Analyse

Die ARC-Software zur Raumanalyse ist ein Standalone-Programm und kommuniziert direkt mit dem Audio-Interface. Auf der Startseite lässt sich ein Tutorial-Video starten. Man kann es auch überspringen, denn auf jeder Bildschirmseite des ARC-Programms wird genau beschreiben, was zu tun ist.

Interface
Das grüne Mikrofonkabel für ARC am Interface

Der Sweetspot, der Platz mit der optimalen Akustik, wird durch die Wahl unterschiedlicher Mikrofonaufstellungen bestimmt. Verschiedene Konfigurationen lassen sich als Presets speichern. Ein enger Bereich bringt die besten Ergebnisse. Wenn Gäste im Studio sind, lässt sich dann ein Preset aufrufen, das einen größeren Abhörbereich abdeckt.

Das Mikrofon wird für die erste Messung immer in der Mitte des Messbereichs platziert. Ich habe mir deshalb mit Klebeband die Stelle auf dem Fußboden markiert.

Markierung des ersten Messpunkts

3-D

Das ARC System 3 verlangt 7 Messpositionen. Es muss jeweils in drei Höhen gemessen werden, einmal 15cm über der Position der Ohren, einmal in Ohrhöhe und einmal 15cm darunter. Es sind also 21 Messungen nötig, um ein Profil zu erstellen. Weil auch geöffnete bzw. geschlossene Türen und Jalousien an den Fenstern die Akustik beeinflussen, habe ich mehrere Profile erstellt und als Presets gespeichert.

Schritt für Schritt

Man muss eigentlich nur wissen, dass das ARC Standalone-Programm zuerst gestartet werden muss, denn es liefert die Messergebnisse, die später vom ARC 3 Plug-in in der DAW verwendet werden. Die Grafik führt in 6 Schritten durch die Prozedur. Wenn die Aufgaben einer Bildschirmseite erledigt sind, leuchtet jeweils die Schaltfläche NEXT und man darf mit der nächsten fortfahren. Manche STEPS, die am oberen Rand mit einem Fortschrittsbalken angezeigt werden, umfassen mehrere Seiten.

Step 1: Welcome

Welcome
Welcome – die Begrüßungsseite

Step 2: Hardware Setup

Hier erfolgt die Mikrofonwahl. Ich habe das Mikrofon mit dem orangefarbenen Streifen gewählt, dass ich zum ARC System 2 bekommen hatte. Auch das allererste Mikro von IK Multimedia ist in der Auswahl und eignet sich für die Messungen.

Mikrofonwahl
Die Mikrofonauswahl

Danach wird das Interface ausgewählt, an dem das Messmikrofon angeschlossen ist. Die Konfiguration erfolgt automatisch, wenn nur ein Audio-Interface am Computer angeschlossen ist, wie es wohl meistens der Fall sein wird. Eine Lichterkette zeigt den Mikrofonpegel an.

Audio Setup ARC 3
Audio Setup ARC 3

Step 3: Mic Setup

Je nachdem, wie groß der optimale Abhörbereich sein soll, müssen die Messpunkte enger oder weiter auseinander verteilt sein. Das Auswahlmenü bietet 9 Optionen, die jeweils auch grafisch dargestellt werden.

Sweetspot ARC 3
Sweetspot ARC 3

Es gibt zwei Richtungen, das Mikrofon zu positionieren, waagerecht oder senkrecht. Der richtige Weg ist vom Mikro abhängig. Weil man in Step 2 schon den verwendeten Mikrofontyp ausgewählt hat, zeigt die Software automatisch an, was richtig ist. In meinem Fall musste die Kapsel senkrecht in Ohrhöhe ausgerichtet werden. Bei den Messungen wird die Höhe mehrfach geändert, dazu später mehr.

Mikrofonposition
Mikrofonposition

Bevor es endgültig losgeht, wird der Mikrofonpegel eingestellt. Die Schaltfläche PLAY TEST startet die Wiedergabe der Messtöne. INPUT LEVEL gibt den Eingangspegel an und zeigt und quittiert die richtige Einstellung mit DONE und einem grünen Häkchen in einem Kreis.

Step 4: Room Analyses

Wenn alle Voreinstellungen getroffen sind, geht es mit den Raumanalysen los, und zwar in in drei Schichten (Layers): 

  1. 15cm über dem Ohr
  2. in Ohrhöhe
  3. 15cm unterhalb des Ohrs.

Jedesmal sind 7 Messpunkte nötig. Mit einem Klick auf MESURE LAYER ONE geht es los. Auf der darauf erscheinenden Grafik klickt man auf CAPTURE POINT, aus jedem Lautsprecher ertönen danach vier kurze Sweeps, anschließend erscheint die Bestätigung READY. Der erste Messpunkt wird nun grün angezeigt und der zweite erscheint. So geht es weiter, bis alle sieben Messungen geschafft sind. 

Raum-Analyse
Raum-Analyse
7 Messpositionen
7 Messpositionen

Die Layers 2 (auf Höhe der Ohren) und 3 (15cm darüber) erfordern ebenfalls jeweils 7 Messungen. Am Ende hat man mit 21 Messungen ein 3-D Profil der Raumakustik, das anschließend als Preset gespeichert wird. 

Step 5: Save

Beim Speichern kann ein Name vergeben werden und ein Abbild der Lautsprecherboxen, welches den eigenen zumindest ähnlich ist, aus zahlreichen Vorschlägen ausgesucht werden. Dieser Schritt wird mit „DONE“ bestätigt.

Das DAW-Plug-in

Nach Abschluss der Messungen kann das Analyse-Programm beendet und die DAW-Software gestartet werden. Nun wird das ARC Plug-in in die Stereo-Summe eingesetzt. Gespeicherte ANALYSIS SETS, ich nenne sie hier der Einfachheit halber Profile, lassen sich im Plug-in Fenster wählen. Ich habe mehrere Profile angelegt, weil ich festgestellt habe, dass es einen Unterschied macht, ob Türen oder Jalousien offen oder geschlossen sind. Im Display werden sechs Kurven angezeigt. Rechter und linker Stereokanal haben die gleiche Farbe, aber einen unterschiedlichen Farbton. Die Kurve für eine ideale lineare Wiedergabe aller Frequenzen ist eine Gerade und wird weiß dargestellt. Grün zeigt das Ergebnis der Raummessung ohne Korrektur an. Mein Ergebnis zeigt im linken Stereokanal bei 75Hz eine Abweichung von +12dB! Orange ist die korrigierte Raumakustik. Eine exakte Gerade ist hier nicht entstanden und auch nicht erreichbar, aber die Abweichungen von der Ideal-Linie sind sehr viel geringer geworden. Meine Basswiedergabe bei 75Hz weicht nur noch um 1,5dB von der Ideal-Linie ab.

Korrektur-Kurven und Pegel
Korrektur-Kurven und Pegel. Orange ist die korrigierte Akustik

Wiedergabe mit dem Plug-in

Das Plug-in senkt Frequenzbereiche ab und damit auch den gesamten Pegel. Mit TRIM lässt sich die Wiedergabe-Lautstärke angleichen. Beim Erzeugen eines Stereo-Mixes muss ARC unbedingt ausgeschaltet werden, denn die Korrektur dient nur zum besseren Abhören und darf nicht in den Mix eingerechnet werden.

Weitere Features

Es besteht die Möglichkeit, die typischen Klangeigenschaften der Lautsprecher beizubehalten, auch wenn die Anlage dann nicht mehr linear klingt. Trotzdem möchte man vielleicht eine Korrektur in den Höhen oder im Bassbereich (der häufigste Fall) vornehmen. Dazu gibt es den EDIT Modus. Mit den Reglern LOW RANGE und HIGH RANGE lässt sich ein Auswahlbereich definieren, innerhalb dessen keine Korrektur stattfindet. Außerdem gib es sechs Anfasser, mit denen bestimmte Bereiche editiert werden können. Diese Einstellungen lassen sich unter TARGET speichern, Auch die Flankensteilheit der von ARC System 3 verwendeten Filter kann mit CORRECTION TYPE eingestellt werden.

Realtime Analyser

Mit der Schaltfläche RTA lässt sich der Realtime Analyser einschalten, der die Frequenzverteilung des Signals am Stereo-Mix Kanal der DAW zeigt.

Realtime Analyser für das Ausgangssignal
Realtime Analyser für das Ausgangssignal

Phasen

Bei der Wiedergabe über ARC wird mit NATURAL eine Phasenkorrektur vorgenommen, die eine exakte Phantom-Mitte von Signalen erzeugt, die in beiden Stereo-Kanälen gleich laut zu hören sein sollen. LINEAR schaltet diese Funktion ab. Durch den Raum erzeugte Phasenverschiebungen werden dann nicht korrigiert und das Phasenverhalten der Lautsprecherboxen im jeweiligen Raum wird nicht beeinflusst. Das kann in manchen Räumen transparenter klingen.

Virtual Monitoring

Wer testen möchte, wie der Mix über ein Smartphone oder über TV-Lautsprecher klingt, kann das mit dieser Funktion machen. Auch Lautsprecherboxen zahlreicher Top-Hersteller stehen mit Ihrer typischen Charakteristik zum virtuellen Abhören bereit. Natürlich kann man die eigenen Boxen so nicht wirklich verbessern.

Fazit

IK Multimedia ARC System 3 ist ein lohnendes Upgrade eines bewährten Systems zur Verbesserung der Raumakustik von Abhörräumen, die normalerweise für eine neutrale Beurteilung der Musikwiedergabe nicht gut geeignet sind. Dazu zählen die vielen Homestudios, die es Musikern heute ermöglichen, ohne Kosten für ein Mietstudio zu Hause aufzunehmen. Aber auch Projektstudios mit bereits durch Baumaßnahmen optimierter Akustik können profitieren. In meinem eigenen Studio habe ich die Wände mit Noppen-Schaumstoff versehen, um den Nachhall zu verringern. Das hilft aber nicht gegen die Verstärkung der Bassfrequenzen, die durch die Position der Lautsprecher in der Nähe einer Wand entsteht. Besonders die linke Box (siehe Grafik im Artikel) hat dieses Problem, weil sie in der Nähe einer Ecke steht. Auch wenn man einen Raum besitzt, der ausschließlich als Studio benutzt wird, hat man bei der Lautsprecher-Aufstellung nur begrenzte Auswahl-Möglichkeiten, denn es gibt Türen und Fenster, vor die man nicht einfach eine Box stellen kann. Das IK Multimedia ARC System hilft da wirklich. Ich habe schon die erste Version eingesetzt, zuletzt Version 2.5, die aber nicht unter macOS Catalina läuft. Mein Test hat mir bewiesen, dass System 3 noch besser ist, als seine Vorgänger. Der Sound klingt sehr natürlich und transparent. Meine Aktivboxen von JBL kamen auch schon mit einem Messmikrofon und einer elektronischen Raumanpassung, die allerdings nur auf tiefe Frequenzen wirkt. Die Korrektur mit ARC System 3 ist jedoch sehr viel wirkungsvoller. IK Multimedia ARC System 3 ist eine lohnende Anschaffung und meine uneingeschränkte Empfehlung!

Für Mac und PC, unterstützte Plug-in Formate (64-bit): Audio Units, VST 2, VST 3, AAX.

Preise: (Angaben unverbindlich, online ermittelt am 13. Mai 2020)
€249,99 plus Umsatzsteuer – inclusive Mikrofon –
€199,99 plus Umsatzsteuer – ohne Mikrofon –
€149,99 plus Umsatzsteuer – Crossgrade mit Mikrofon –
€99,99 plus Umsatzsteuer – Crossgrade ohne Mikrofon –

HerstellerIK Multimedia

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