Test: IK Multmedia T-RackS CS, neue Module

Von | 20. April 2013

White Channel

Vier neue Studioprozessoren ergänzen IK Multimedias Mixing und Mastering Suite um noch variablere Fähigkeiten in den Bereichen EQ, Kompressor und Tape-Echo. In allen Fällen handelt es sich um die Virtualisierung legendärer Hardware.

Drei der Plug-ins wurden den Prozessoren einer der „weltberühmtesten Mixing-Konsolen“ nachmodelliert, wobei unschwer zu erkennen ist, dass es sich hier um Produkte der britischen Firma SSL handelt. Richtig neu sind davon nur zwei, der British Channel hat lediglich ein neues, übersichtlicheres Aussehen bekommen. Plug-in Nummer vier ist eine Nachbildung des Maestro Echoplex EP 3.

Konzept und Sound der SSL-Pulte für die DAW

Ende der 70er-Jahre brachte die britische Firma Solid State Logic die SSL 4000 Konsole auf den Markt. Die in die Kanalzüge integrierten Equalizer und Kompressoren sowie die Automationsmöglichkeiten inklusive „Total Recall“ sorgten für die Beliebtheit dieser Mischpulte. Angeblich wurden in den 80er-Jahren mehr Hits mit Platin-Auszeichnung auf SSL-Konsolen produziert, als auf den Mischpulten aller anderen Hersteller zusammen. Der Musiker Peter Gabriel ist Mitbesitzer der Firma. Auch heute zählen SSL-Produkte qualitativ zur Spitzenklasse.

Neben Hardware sind auch von SSL selbst Plug-ins für DAW-Produktionen erhältlich. Verschiedene Softwarehäuser bieten SSL-Emulationen an, ohne diese direkt beim Namen zu nennen. Mit den neuen Modulen von IK Multimedia wird eine Integration in die T-RackS Mastering-Kette ermöglicht, die Module lassen sich aber auch einzeln verwenden.

Bus Compressor

Bus Compressor

Der Bus Compressor ist auf Subgruppen spezialisiert, macht sich aber auch gut in der Stereosumme. Nicht nur beim Pre-Mastering, auch als Mastering Tool hat das Original einen guten Ruf, deshalb sind die Erwartungen an die Software-Version hoch. Das Original gehört zur selben Mixing-Konsole, die als Vorbild für IK Multimedias British Channel gedient hat. Besonders geschätzt wird die „Glue“ genannte Eigenschaft, das Verschmelzen einzelner Spuren zu einem kompakten und dennoch transparenten Mix. Der Kompressor war so gefragt, dass er auch als Outboard-Gerät auf den Markt kam.

Es gibt die typischen Regler eines Kompressors: Ratio, Attack, Release und Threshold. Eine Besonderheit des Release-Reglers ist die Einstellung „AUTO“, die dafür sorgt, dass die Abklingzeit automatisch dem jeweiligen Signal angepasst wird. Mit „SC HI PASS“ ist der Regler eines zusätzlichen Hi-Pass Filters benannt. Wenn man tiefe Frequenzen vor der Kompression ausfiltert, vermeidet man das typische Pumpen, das vor allem tiefe Töne einem Signal aufprägen können.

Die Taste „GRIT“ aktiviert eine leichte Verzerrung, wie sie bei Geräten auftritt, die längere Zeit nicht kalibriert wurden. Der Effekt ist sehr subtil und zum „Einfärben“ einer sehr clean klingenden Mischung manchmal genau das Richtige.

Auf der rechten Seite befindet sich ein Zeigerinstrument, das die Kompressionswirkung in Echtzeit anzeigt.

White Channel

White Channel

Der White Channel ist 4-Band EQ, Gate/Expander und Kompressor in einem Modul. Er ist seit Ende der 90er-Jahre ein Produktionswerkzeug für zahllose Hip Hop/R & B Hits. Das Original findet man im Nachfolger des Mischpults, dessen Ausstattung Vorbild für IKs British Channel war.

Der EQ verfügt über alle wichtigen Einstellmöglichkeiten für jedes der vier Bänder. Zusätzlich gibt es ein Low-pass- und ein High-pass Filter. In der Stellung FLT S/C kontrollieren diese den Sidechain-Schaltkreis der Dynamk-Sektion.

Gate oder wahlweise Expander lassen sich mit wenigen Reglern so einstellen, dass harte Übergänge vermieden werden und der Effekt unauffällig bleibt.

Der Kompressor verfügt neben den Reglern für Threshold, Release und Ratio über zwei Schalter. Mit „FAST ATT“ kann man eine sehr kurze Attack-Zeit wählen, „HARD“ sorgt für einen abrupten, auffälligen Einsatz der Kompression, wenn dieser Effekt gewünscht wird.

Mit ∅ lässt sich die Phase des Kanals um 180° drehen, eine Notwendigkeit, wenn man z.B. eine Snaredrum mit 2 Mikrofonen aufnimmt und Phasen-Auslöschungen zu hören sind.

British Channel

British Channel

Die Bedienungselement des British Channel sind identisch mit dem White Channel. Im neuen Design ist die Darstellung schwarz, so dass man auf einen Blick sehen kann, um welches Modul es sich handelt. Für den British Channel dienten die Schaltkreise der Konsole aus den 80er-Jahren als Vorbild.

Die Master-Sektion der Dynamik-Module

„IN“ und „OUT“ regeln Eingangs- bzw. Ausgangspegel des Signals. „RESET“ setzt alle Werte auf Default. Falls man versehentlich darauf geklickt hat, stellt ein weiterer Klick die vorherige Einstellung wieder her – ein nützliches und zeitsparendes Feature! Meistens wird man Stereo- oder Monokanäle bearbeiten, die Grundeinstellung dafür wird mit „L=R“ angezeigt. „L/R“ macht es aber auch möglich, mit einem Klick auf die Icons „L“ oder „R“ nur einen Stereokanal zu bearbeiten. „M/S“ erlaubt, entweder nur das Mitten- oder das Seitensignal dem Prozessor zuzuführen.

Tape Echo

Tape Echo

Eine Band-Echo Simulation ist an und für sich nichts Besonderes. Im Prinzip handelt es sich um die virtuelle Nachbildung einer Tonbandschleife, die ein Signal mehrfach wiederholt, während es leiser wird und an Lautstärke verliert. In den 1960er und 70er-Jahren erschienen Geräte von mehreren Herstellern, von denen das EchoFlex besonders beliebt war. IK Multimedia bietet nun die Version EP-3 als Plug-in an. Die Umsetzung ist an Detailtreue kaum zu überbieten. Es gibt drei virtuelle Tonköpfe und sogar die Schwächen des Originals lassen sich dem Sound hinzufügen: Abnutzung des Tonbands, Gleichlaufschwankungen (Wow und Flutter) sowei Bandrauschen und Netzbrummen (wahlweise 60Hz nach der US-Norm oder 50Hz für authentische europäische Aufnahmen). Der Schieberegler, mit dem man den Abstand der Tonköpfe einstellt, lässt sich auch während des Betriebs verstellen, sodass abgefahrene Soundeffekte machbar sind. Abweichend vom Original ist nur das Feature die Delayzeit mit dem Host-Tempo zu synchronisieren.

Tape Echo Spezialeinstellungen

Soundbeispiele:

Zuerst die Drums, unbearbeitet:

 

Drums, White Channel:

 

Drums, British Channel. Gleiche Parameter-Einstellungen und doch eine geringfügig andere “Geschmacksrichtung”:

 

Drums, Bus Compressor:

 

Drums, Bus Compressor mit aktiver Grit-Taste:

 

Mix mit Buscompressor in der Summe:

 

Tape Delay Spielereien:

 

 

Fazit

Wer die Wahl hat, hat die Qual. Black or White? British oder White Channel? Wer sich alle Möglichkeiten offen halten will, wird sagen: Black and White. Zum Glück kann jeder, der sich fragt: „Brauche ich das wirklich?“ im Custom-Shop die Demoversionen testen. Die Qualität der Software ist jedenfalls erstklassig. Bei den Prozessoren im SSL-Stil finde ich nicht, dass sie „vintage“ klingen, im Sinne von „wie früher“, sondern eher „zeitlos“. Vorteilhaft ist auch die Bedienung. Alle Default-Werte sind musikalisch sinnvoll. Etwas mehr obere Mitten für mehr Präsenz, etwas weniger tiefe Mitten gegen Mulm? Einfach den jeweiligen Gain-Knopf etwas drehen und meistens stimmt es dann schon. Natürlich sind zeitaufwändige, „chirurgische Eingriffe“ bei problematischen Signalen auch möglich, aber vor allem geht der normale Arbeitsprozess nach kurzer Einarbeitungszeit flott vonstatten. Das neue Tape Echo ist eine prima Spielwiese für Soundbastler und kommt sicher meistens auf Einzelspuren zum Einsatz, es ist zum halben Preis der anderen Module erhältlich.

Mehr T-RackS:

Meinen Test der im Dezember 2012 erschienenen T-RackS-Module findet man hier.

Systemanforderungen:

Mac und Windows kompatibel, unterstützt jeweils auch 64-Bit Modus.

Plug-in Formate: VST, RTAS, AU

Preise:

British Channel, White Channel, Bus Compressor je € 79,99

Tape Echo € 47,98

Website des Herstellers: IK MULTIMEDIA

 

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5 Gedanken zu „Test: IK Multmedia T-RackS CS, neue Module

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  2. Metaphor

    Hallo Jürgen,

    ich bin noch auf der Suche nach einem hochwertigen Vocal-Delay. Konnte schon mal das H-Delay antesten, was mir sehr gut gefallen hat aber mit 150USD doch sehr teuer ist.

    Wäre das IK Tape Echo hier eine Alternative, weil das ja auch in den Vintage Bereich vom Sound her fällt? Ist auch deutlich günstiger. Die logic-internen Delays gefallen mir nicht sonderlich vom Sound und klingen auch sehr klinisch.

    Gibt es evtl. auch eine gute Freeware-Alternative als AU-Plugin, die hier mithalten kann?

    Hab noch das Kramer-MPX Plugin, das nutze ich aber eher auf der Summe eines Mixes. Das eingebaute Delay finde ich fauf Vocals nicht so gut…

    Thx u. Gruß.

  3. Juergen

    Ich finde das Tape Delay von IK sehr gut. Vorbild ist das mechanische Binson-Echogerät aus den 60er/70ern. Die “Macken” des Tape-Systems einschließlich leichter Tonhöhenschwankungen sorgen dafür, dass es nicht, wie andere Delay-Sounds, im Mix so leicht untergeht. Hat irgendwie Charme, finde ich. Eine Freeware-Alternative ist mir nicht bekannt,
    Gruß
    Jürgen

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