Test: IK Multimedia – MODO DRUM

Von | 14. September 2019

MODO DRUM von IK Multimedia erzeugt Drumsounds mit Physical Modeling. Im Vergleich zu Sampling-Libraries wird weniger Speicherplatz benötigt, die Ladezeiten sind kürzer und die Soundeinstellungen sind umfangreicher.

Für mich begann der Test mit einer unangenehmen Überraschung: Hier ist die erste Software, die sich nicht auf meinem Mac Pro 5.1 von 2010 installieren lässt! 🙁 Dem Prozessor fehlt die AVX-Unterstützung (Advanced Vector Extensions), die leider erst ab 2011 bei den CPUs von Intel und AMD vorhanden ist. Wer ebenfalls einen etwas älteren Rechner verwendet, sollte sich über die Kompatibilität erkundigen. Infos auf der Website von IK Multimedia hier…

Ich habe MODO DRUM dann auf meinem MacBook Pro von 2018 installiert, der Test konnte also stattfinden.

MODO DRUM kurzgefasst:

IK Multimedia MODO DRUM lässt sich sowohl als Plug-in, als auch stand-alone verwenden. Der Download umfasst 8 GB und ist sicher auch deshalb relativ umfangreich, weil es sich bei den Becken um Samples handelt. Also nicht alles Modeling – das ist jetzt aber nicht abwertend gemeint. Die eigentlichen „Drums“ – die Trommeln – sind es. Das reichhaltige Soundangebot reicht von Jazz bis Metal, vom Cavern Club bis Wacken. Die Instrumente der zehn vollständig editierbaren und miteinander kombinierbaren Drumkits liegen nach dem General-MIDI-Standard auf der Tastatur. Die Grooves Section umfasst 1400 Drag- and Drop-fähige MIDI-Patterns. Wenn man ein Pattern auf eine Spur der DAW gezogen hat, lassen sich die Noten im DAW-Editor beliebig bearbeiten. MODO DRUM ist reichlich mit Effekten ausgestattet, die aus der Mastering-Suite IK Multimedia T-RackS und AmpliTube stammen. Das Programm verfügt über einen eigenen Mixer mit EQ, 4 Effekt-Slots und 2 Sends pro Kanal sowie allen üblichen Regelmöglichkeiten.

Wie klingt ein “echtes” Schlagzeug?

Viele Musikerinnen und Musiker, die Grooves mit Drum-Machines oder mit Plug-ins am Computer erzeugen, haben sicher noch nie an einem realen Schlagzeug gesessen und darauf gespielt. Ich bin kein Drummer, hatte aber die Gelegenheit. Richtig eingestellt klingt es toll – aber doch sehr viel anders, als man es von einer Musikproduktion gewöhnt ist.

Drumkit ohne Studio-Mikrofonierung

Die Zeiten, als man ganze Bands mit nur einem Mikrofon aufgenommen hat, sind längst Geschichte. Schon seit den 1970er Jahren wird jedes Element des Drumkits mit mindestens einem separaten Mikrofon und einem eigenen Kanalzug am Mischpult aufgezeichnet. Noise Gates, Kompressoren, Limiter und Equalizer dienen zur Soundbearbeitung. Solche „getunten“ Sounds wünscht man sich im allgemeinen auch bei der Arbeit mit der DAW und die Hersteller von Plug-ins berücksichtigen das. Auch MODO DRUM bietet produktionsreife Klänge einschließlich voreingestellter Effekte.

So klingt’s ohne Multi-Mikrofonierung im Proberaum:

Ludwig Drumkit, aufgenommen mit einem Mikrofon

DAW-Plug-ins: Sampling vs. Modeling

1. Sampling-Instrumente

Kick-Sample, Wellenform
Kick-Sample, Wellenform
So klingt es.

Samples sind Audioaufnahmen, die sich per MIDI-Notenbefehl abspielen lassen. Bei Schlaginstrumenten, die eine feste Tonhöhe haben, kann jedes Instrument einer eigenen Keyboard-Taste zugeordnet werden. Damit die Performance realistisch klingt, ist eine Anschlagdynamik mit einfacher Regelung des Pegels nicht ausreichend, das Instrument muss deshalb mehrfach mit unterschiedlicher Lautstärke gesampelt werden. Durch diese „Velocity-Layer“ multipliziert sich die Anzahl der benötigten Samples und damit die Menge der Daten. Wenn ein Sample, z. B. eine Bassdrum, mehrfach schnell hintereinander gespielt wird, entsteht der unnatürliche „Maschinengewehr-Effekt“. Man hört, dass es immer dieselbe Aufnahme ist. Aktuelle Sampling-Instrumente vermeiden das mit der „Round-Robin“-Technik: Mehrere geringfügig unterschiedliche Samples wechseln einander automatisch ab. Sampling-Daten brauchen viel Platz auf der Festplatte, die Ladezeiten sind relativ hoch. Der Klang lässt sich zwar beeinflussen, behält aber den Grundcharakter der Aufnahme. Das kann auch positiv sein, wenn beispielsweise der Sound von bestimmtem Equipment und des Aufnahmeraums von Bedeutung sind (z. B. Sampling-Aufnahmen aus den Abbey Road Studios). Auch bei Nahaufnahmen mit einem Mikrofon spielt der Aufnahmeraum eine Rolle für den Sound.

2. Physical Modeling

Beim Physical Modeling wird der Sound mit Hilfe von Algorithmen direkt im Computer des Anwenders erzeugt. Wenig Speicherbedarf und kurze Ladezeiten sind die Folgen. Weil die Klangerzeugung rein rechnerisch erfolgt, ist die Anzahl der – virtuellen – Velocity-Layer und Round Robins theoretisch unbegrenzt. So ändert sich auch bei den MODO DRUMS das Klangspektrum mit der Anschlagstärke und Variationen zwischen gleich lauten Schlägen werden ebenfalls erzeugt. Soundgestaltung ist unbegrenzt möglich, sogar unterschiedliche Materialien für Trommelfelle und Sticks sind einstellbar, die Fellspannung ist regulierbar und einiges mehr. Weil es sich um eine rein synthetische Klangerzeugung handelt, können die Sounds keine Rauminformationen enthalten, wie es bei wie Audioaufnahmen mit Mikrofonen der Fall ist. MODO DRUM verfügt deshalb über verschiedene Room-Effekte, die per Faltungshall erzeugt werden.

MODO DRUM Kit-Elemente

IK Multimedia – MODO DRUM. Wie klingt es?

Zuerst dreimal das Studio-Kit. Weil mir der Sound der Bassdrum nicht so gut gefiel, habe ich ihn im zweiten Abschnitt gedämpft, Raum- und Overhead-Mikros leiser gemischt und mit dem Equalizer bearbeitet. Im dritten Abschnitt habe ich die Bassdrum des Studio-Kits gegen das Instrument aus dem Kit Rock Custom getauscht (ohne eigene Bearbeitung):

MODO DRUM Studio Kit

Vier Kits im Vergleich mit derselben Sequenz: Rock Custom, Bubinga, Plexi und Extreme:

Kits: Rock Custom, Bubinga, Plexi und Extreme

Im nächsten Beispiel ist zusätzlich der IK Multimedia MODO BASS zu hören:

MODO DRUMund MODO BASS

MODO DRUM zusammen mit MODO BASS und Synth-Akkorden:

Drums, Bass, Synth

Grooves

Jeder, der seinen Drum-Track nicht selbst spielen will, kann aus einer LIbrary mit 1400 Groove-Patterns passende Beats wählen. Weil es sich nicht um Audio-Loops, sondern um MIDI-Patterns handelt, ist eine uneingeschränkte Nachbearbeitung möglich.

Als erstes Beispiel ein Groove aus der Abteilung „Jazz“, zusammengesetzt aus verschiedenen Parts der Library. Als Drumkit ist hier Jazzy zu hören:

Jazz-Drums, Songparts kombiniert

Es geht auch härter: „Metal-Groove“ mit Double-Bassdrum, Studio-Kit:

Studio-Kit, Songparts kombiniert

Noch einmal Metal, dieses Mal ist das Plexi-Kit zu hören:

Plexi-Kit, Songparts kombiniert

Hier spielt das Bubinga-Kit. Die Groove-Parts wurden aus der Rubrik „Afro-Cuban“ zusammengestellt. Auf einer zusätzlichen Spur habe ich Cowbell und Tambourin (auch in MODO DRUM enthalten) dazu gespielt.

Bubinga-Kit, Songparts kombiniert

Aus der Rubrik „Lenny“ einige Parts, gespielt mit dem Drumkit Gentleman:

Gentleman-Kit, Songparts kombiniert

Ein typischer Groove für eine Ballade:

Ballade, Songparts kombiniert

Was geht?

Wie schon erwähnt, gibt es bei MODO DRUM sehr viele Möglichkeiten, Sounds zu editieren und neue Sounds zu kreieren. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, stelle ich sie hier vor. Alles genau zu erklären, käme einer Übersetzung des Manuals gleich – und das hat 104 Seiten! Ich schreibe einen Testbericht immer so, wie ich ihn selbst gern lesen möchte: Nur das Wichtigste, damit mit ich mit zwischen „Ganz interessant“ und „haben wollen!!!“ entscheiden kann.

Studio-Kit

Bedienung und Editier-Möglichkeiten

Das Plug-in-Fenster verfügt über eine Anzahl von „Pages“ mit anschaulicher Grafik, die sich in der Kopfzeile auswählen lassen. Das GUI ist stufenlos skalierbar – sehr gut! Über die Pages MODEL, CUSTOMIZE, PLAY STYLE, ROOM und MIXER können Kits und einzelne Instrumente individuell ausgewählt und bearbeitet werden.

Jedes Element ist beliebig austauschbar

CUSTOMIZE – EDIT KIT

In der Ansicht CUSTOMIZE gibt es zwei zusätzliche Schaltflächen: ganz links EDIT KIT und ganz rechts EDIT ELEMENT. Nachdem in der Standard-Ansicht MODEL eines der 10 Kit-Models gewählt wurde, können die einzelnen Instrumente unter EDIT KIT per Mausklick deaktiviert/aktiviert werden. Jedes Instrument eines Drumkits lässt gegen jedes eines anderen Kits austausschen. Wenn ein Element (=Instrument) markiert wurde, erscheinen die Alternativen in der Bildreihe über dem Kit. In der Abbildung oben ist es die Kickdrum.

Sounds bearbeiten

CUSTOMIZE – EDIT ELEMENT

Die Page mit den Einstellungen für ein einzelnes Instrument ist, wie fast alles bei IK Multimedia MODO DRUM, geradezu selbsterklärend.

EDIT ELEMENT: Kick

Dämpfung, Lautstärke, Tonhöhe, Durchmesser und Tiefe einer Trommel lassen sich einstellen. Hinzu kommen das Material des Trommelfells, das Übersprechen anderer Instrumente, der Raumanteil und mehr. Die Auswahl der Parameter ist unterschiedlich, je nachdem ob es sich um eine Kick, Snare, oder ein Tom handelt. Nur eine Snare verfügt schließlich über einen Snareteppich. Im Manual wird erklärt, welche Auswirkungen auf den Klang Schlagfelle, Resonanzfelle, usw. haben; man muss so nicht alles erst durchprobieren, wenn man ein bestimmtes Ziel hat.

PLAY STYLE

Form und Material der Sticks oder Schlägel, die Spieltechnik der Fußmaschine und mehr lassen sich individuell bestimmen.

EDIT PLAYSTYLE, Snare
EDIT PLAYSTYLE, Kick

ROOM

Bei synthetisch erzeugten Sounds ist es ganz besonders wichtig, einen Raumanteil hinzuzufügen, wie er bei der Mikrofonierung eines realen Schlagzeugs vorhanden wäre. 9 unterschiedliche Räume, zwischen Schlagzeugkabine und Kathedrale, stehen in Faltungshall-Technik zur Verfügung.

ROOM – regelbarer Raumeffekt nach Wunsch

MIXER

Die Ausstattung des internen Mischpults entspricht beinahe dem Mixer einer DAW.

Das virtuelle Mischpult im Plug-in

Die 18 Insert- und Send/Return-Effekte, wählbar für jeden Channel, sind speziell für Drumsounds geeignet. Es sind Top-Modelle aus IK Multimedias Software T-RackS und AmpliTube, da gibt es nichts zu kritisieren! Der Mixer verfügt sogar über Busse. Overhead und Raumanteil lassen sich genauso einstellen, als hätte man ein reales Drumkit auf den Reglern.

Der flexible und gut klingende EQ steht für jeden Mixer-Kanal, einschließlich Master, zur Verfügung.

GROOVES SECTION

Damit man unter 1400 Groove-Patterns etwas Passendes finden kann, sind die Grooves in Kategorien geordnet.

Get into the groove!

Ein Groove wird per Drag and Drop auf eine DAW-Spur gezogen und lässt sich dort beliebig editieren.

So sieht ein Jazz-Groove im Noten-Editor, im Pianorollen-Editor und im Schritt-Editor von Logic aus, die Darstellung in anderen DAWS ist ähnlich:

Noten-Editor (Logic)
Pianorollen-Editor (Logic)
Step-Editor (Logic)

Noch Wünsche?

So viele Features – aber ein Testbericht ganz ohne Kritik und Anregungen ist irgendwie unglaubwürdig, oder? Also:

Wer gern mit Drumcomputern arbeitet, könnte sich eine zusätzliche Page wünschen, einen internen Sequenzer mit klassischer „Lauflicht-Programmierung“. Nicht schlecht fände ich zusätzliche MIDI-Funktionen, z. B. Tasten auf denen Flams und Rolls vorprogrammiert sind.

Last but not least: Könnte man nicht eine alternative Programm-Version herausbringen, für 10 Jahre alte, aber noch leistungsfähige Computer, ohne die Notwendigkeit der AVX-Unterstützung? Die darf dann ruhig etwas länger brauchen, um Sounds zu errechnen!

Fazit

IK Multimedia MODO DRUM hat mich voll überzeugt geradezu umgehauen! Wer meint, eine künstliche Klangerzeugung müsse irgendwie unecht klingen, wurde schon mit MODO BASS eines Besseren belehrt. MODO DRUM klingt genauso realistisch, die Soundqualität ist erstklassig. Verglichen mit Sampling-Instrumenten, bietet Physical Modeling viele Vorteile: kurze Ladezeiten, wenig Speicherbedarf und nahezu unbegrenzte Flexibilität bei der Klanggestaltung. Es gibt 10 Drumkits, die Effektausstattung ist sehr reichhaltig und hochwertig. Das interne Mischpult verfügt über fast alle Features eines DAW-Mixers, wie er beispielsweise in Logic vorhanden ist. Die Bedienung ist sehr gut durchdacht und leicht verständlich. Alle Sounds klingen toll, die deutliche Attack der Snare finde ich genial, die setzt sich in jedem Playback durch. IK Multimedia MODO DRUM – ein music-knowhow-Redaktionstipp!

Top-Produkt!

Plug-in Formate: Audio Units, VST 2, VST 3, AAX

Systemvoraussetzungen:
Stand-alone und 64-Bit Plug-in. Erfordert 64-Bit CPU und Betriebssystem.

Mac® (64-Bit)

Minimal: Intel Core i5, AVX-Instructions, 8 GB RAM (16 GB empfohlen), macOS 10.09 oder höher.

Windows® (64-Bit)

Minimal: Intel Core i5, oder entsprechende CPU, AVX-Instructions, 8 GB RAM (16 GB empfohlen), Windows 7, Windows 8 oder Window 10.
Erfordert ASIO kompatible Soundkarte. 
Erfordert OpenGL 2 kompatible Grafik.

Hersteller: IK Multimedia

Preis: (unverbindlich, online ermittelt am 7. Dezember 2019)
€299,- plus Umsatzsteuer, Aktionspreis €199,– plus Umsatzsteuer

Update Ver. 1.1.0 – Release Notes:

  • Implemented Custom MIDI Mapping section
  • Compatible with macOS Catalina
  • Implemented Equalizer and Mixer Presets
  • Added Perspective selector in the Mixer section
  • Implemented Bus Renaming
  • Enabled Drag & Drop grooves in Cubase
  • Fixed potential Audio Unit crash when inserting MODO Drum with multi output
  • Fixed potential VST3 crash in Bandlab/Cakewalk
  • Fixed Drag & Drop ejecting MODO Drum in Studio One
  • Fixed an issue in FL Studio where MIDI Notes in Piano Roll did not always trigger
  • Fixed an issue where the trigger sync was not synced to DAW
  • General optimizations and bug fixes

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Bei synthetisch erzeugten Sounds ist es ganz besonders wichtig, einen Raumanteil hinzuzufügen, wie er bei der Mikrofonierung eines realen Schlagzeugs vorhanden wäre. 9 unterschiedliche Räume, zwischen Schlagzeugkabine und Kathedrale, stehen in Faltungshall-Technik zur Verfügung.