Test: Spitfire Audio – Orbis

Von | 4. September 2019

Orbis ist eine Sampling Library mit Weltmusik-Klängen aus den Archiven des Komponisten und Klangforschers David Fanshawe. Loops und polyfon spielbare Samples stehen im Originalsound und in bearbeiteten Versionen zur Verfügung. Für die Umsetzung sorgte Spitfire Audio, London.

David Fanshawe

Der Musiker und Abenteurer David Fanshawe (1942 – 2010) bereiste 40 Jahre lang die ganze Welt, und nahm die Musik verschiedener Kulturen auf. Er hinterließ 2000 Stunden dokumentarischer Tonbandaufnahmen, die ursprünglich nicht für Sampling vorgesehen waren. Eine Auswahl davon diente als Quelle für Orbis.

Spitfire Audio Orbis
Spitfire Audio Orbis

Lizenz und Installation

Nach dem Erwerb von Orbis bekommt der Käufer eine e-Mail mit den Installationsanweisungen. Nächster Schritt ist der Download der Spitfire Audio App von der Spitfire Website. Nach dem Start dieser Anwendung erscheint eine Übersicht über alle bei Spitfire gekauften Produkte. Auch Updates lassen sich hier laden. Bei der Auswahl des Plug-ins mit dem Install-Button muss ein Ziel-Ordner für die Samples, Patches und Presets angegeben werden. Während der Installation wird der Rechner automatisch für Orbis lizensiert. Die Software kann auf zwei Computern des Käufers installiert werden, dafür gibt es die Funktion „reauthorise“ in der Spitfire Audio App. Der Ordner mit den Samples lässt sich auf das zweite Gerät direkt kopieren, sodass kein zweiter Download nötig wird. Demo-Lizenzen gibt es nicht; man müsste sonst zum Ausprobieren viele GBs herunterladen, was je nach Internet-Geschwindigkeit etliche Stunden dauern kann. Orbis umfasst 22GBs.

“Go beyond the orchestra”

Wer mit seinem Soundtrack über die Verwendung üblicher Orchesterklänge hinausgehen will, findet in Orbis vielfältiges Material. „The world synthesizer“ wird Orbis vom Hersteller Spitfire genannt. Ein virtueller Synthesizer ist das Plug-in allerdings nicht, sondern eine Sampling Library, allerdings mit sehr umfangreichen Möglichkeiten, den Sound zu bearbeiten. Hüllkurven, Filter und 32 Effekte sind an Bord.

Die Firma Spitfire ist vor allem durch Orchester-Libraries bekannt, z.B. die Hans Zimmer Strings (Testbericht hier). Mit den Weltmusik-Klängen von Orbis lassen sich Orchesterpassagen in Filmmusik-Produktionen durch interessante „Ethno-Sounds“ ergänzen und mit exotischer Atmosphäre versehen. Es kann auch interessant sein, solche Klänge als Kontrast in elektronischen Rock- oder Pop-Produktionen zu verwenden. Christian Henson von Spitfire demonstriert in einem Video sehr gekonnt, wie man Orbis in einem Drum & Bass-Track einsetzen kann.

Die eDNA Engine

Orbis läuft nicht, wie die meisten Sampling-Libraries von Spitfire, unter Native Instruments Kontakt. Hier kommt der eigene Player von Spitfire zum Einsatz, die eDNA Engine. Für jeden Sound lassen sich zwei unterschiedliche Bearbeitungen vornehmen. Diese befinden sich in Bay A und Bay B. Die Sounds können manuell oder automatisch überblendet (gemorpht) werden. Bay A und Bay B verfügen jeweils über einen eigenen Step-Sequencer mit dem sich rhythmische Gating-Effekte im DAW-Tempo programmieren lassen.

Orbis Gate Sequencer
Orbis Gate Sequencer

Durch Hüllkurven, Filter und Wobble-LFOs lässt sich der Originalklang verwandeln. Nach dem Laden eines Presets über das Menü in der Kopfleiste, erscheinen zumeist zwei unterschiedlich bearbeitete Versionen in Bay A und B. Die Bays verfügen über eigene Preset-Menüs und man kann dort auch völlig unterschiedliche Sounds laden. Insert- Aux- und Mastering-Effekte stehen zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung.

Orbis Effekte
Orbis Effekte, Master FX

Die reichhaltige Effekt-Ausstattung von Orbis ist sicher gut geeignet, um eigene Sounds zu gestalten und sie als User-Presets zu speichern. In der Praxis wird man oft zu den gewohnten Effekt-Plug-ins greifen. Auch das Spitfire-Team selbst tut das, in den Tutorial-Videos sieht man, wie Software von FabFilter und Waves eingesetzt wird. Auch der Logic-eigene EQ mit Analyser kommt unter anderem zum Zuge.

Presets

Im Preset-Menü lassen sich sowohl die Originalsounds, als auch die verfremdeten laden. Die Presets sind nach verschiedenen Kriterien geordnet. Auch eine eigene Bewertung mit einem Stern ist möglich, diese Presets erscheinen dann unter „Starred“. Es gibt „One shots“ und „Loops“, die zum Spielen von Melodien und Akkorden geeignet sind, wenn sie mit „Playable“ gekennzeichnet sind. „Clean“ steht für den Originalsound, ist ein Preset dagegen mit „Dirt“ oder gar „Mess“ bezeichnet, klingt der Sound extrem verfremdet.

Orbis Prest-Menue
Orbis Prest-Menü

Im Preset-Browser fehlt mir die Möglichkeit, direkt nach einem Sound-Namen zu suchen. Viele Begriffe werden im Manual nicht erklärt, wo auch eine Übersicht über alle vorhandenen Sounds sehr nützlich wäre! Was mir gut gefällt: Ähnlich wie in Native Instruments Komplete Kontrol ist nach Anklicken eines kleinen Pfeils neben dem Soundnamen ein kurzes Beispiel zu hören. Das Symbol „i“ zeigt beim Überstreichen mit dem Cursor eine Information dazu.

Die Grafik

Die schwarze Optik wirkt stylisch. Entsprechend schlank sind natürlich auch die Beschriftungen ausgefallen. Durch den starken Kontrast sind sie aber gut lesbar, außerdem lässt sich das Plug-in Fenster erfreulicherweise skalieren. Die drei Haupt-Bedienelemente, zwei Fader und ein Jog Wheel, denen sich unterschiedliche Parameter zuordnen lassen, nehmen viel Platz ein. Da wäre eine Einklapp-Funktion nicht schlecht.

Spitfier Audio Orbis
Das grafische Interface ist skalierbar.

Hörbeispiele

Bei der Vielzahl der Ursprungsländer kann ich hier nur eine kleine Auswahl präsentieren.

Sudan
Das Preset „Sudan Clean“ enthält unterschiedliche Loops, die über die Tastatur verteilt sind. Sie werden automatisch zum DAW-Tempo synchronisiert.

Preset: Sudan Clean

Sudan, „Crunch“ und „Dirt”
Mix, Bay A und Bay B

2 verfremdete Sounds gemischt

Tansania
Drei, der über die Tastatur verteilten Loops, die nahtlos aneinander anschließen.

Preset: Tansania Clean

Tansania, „Breakup“ und „Shimmer“
Morphing, Bay A und Bay B

2 stark bearbeitete Sounds plus Morphing-Funktion

China
Eine Flötenmelodie, die sich in unterschiedlicher Tonhöhe und sogar in Akkorden spielen lässt.

Preet: Chinese Flute Jam

Orbis at Orbit
Der Song wurde ausschließlich mit Orbis eingespielt, mit 6 Instanzen auf jeweils einer Spur in Logic.

6 Instanzen Orbit, keine anderen Instrumente

Mehr in Bild und Ton…
Auf der Website von Spitfire sind Youtube-Videos eingebettet, in denen Orbis ausführlich anhand von Kompositionen demonstriert wird. Auch die Entstehung des Drum & Bass Tracks lässt sich hier verfolgen.

Fazit

Bei der Vertonung von Film- Fernseh- und Game-Produktionen kann Spitfire Orbis authentische Klänge aus unterschiedlichen Kulturkreisen liefern, die vor Ort aufgenommen wurden. Auch geräuschhafte Klänge, die keine Ähnlichkeit mehr mit dem Original haben, lassen sich erzeugen, sowohl schwebende als auch rhythmische Sounds. Auch Rock- und Popmusik jeder Art lässt sich so mit Effekten versehen, die nicht aus einem Synthesizer stammen. Weil alle Samples aus einmaligen dokumentarischen Tonaufnahmen erzeugt wurden, gibt es hier weder Velocity-Layers noch Round-Robin-Technik. Rhythmische Sounds werden automatisch zum DAW-Tempo synchronisiert. Viele Presets erlauben das Keyboardspiel mit Tonleitern und Akkorden, deshalb eignet sich Spitfire Orbis nicht nur für einen atmosphärischen Background, sondern auch für Melodien und Harmonien. Der Preset-Browser ist meiner Ansicht nach verbesserungswürdig; das Manual sollte um eine Sound-Übersicht ergänzt werden. Spitfire Orbis ist eine Library mit eigenständigem Charakter, deren Samples nicht „hochglanzpoliert“, aber sauber und vor allem authentisch klingen, weil sie vor Ort und nicht im Studio aufgenommen wurden.

Spitfire Audio Orbit – Technische Daten

Anzahl der Samples: 18 450
Downloadgröße: 21,14GBs
Plug-in Formate: VST, VST3, AU, AAX
Betriebssysteme: Windows 7 oder höher, MacOS X 10.10 oder höher

Preis

€349,-
Preisangabe ohne Gewähr. Der Preis wurden am 04.09.2019 online ermittelt.

Hersteller

Spitfire Audio

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