Test: Kilohearts – Phase Plant

Von | 15. August 2019

Phase Plant ist ein modularer Software-Synth aus Schweden. Zahlreiche Module bieten die Möglichkeit, mit dem Plug-in den eigenen Wunsch-Synthesizer virtuell zu bauen. Unterschiedliche Synthesearten lassen sich gleichzeitig verwenden und mit Modulationen und Effekten bearbeiten.

Die Module spielen verrückt

Einst waren modulare Synthesizer unerschwingliche Technik-Monster mit großem Platzbedarf. Keith Emerson, Tangerine Dream, Klaus Schulze verwendeten sie in den 1970er Jahren. Die analoge Technik war nicht ohne Probleme, Oszillatoren verstimmten sich und es war schwer, einen Sound identisch zu reproduzieren, weil die Einstellungen nicht speicherbar waren. Bei so vielen Kontakten und Lötstellen spielten die Geräte schon mal verrückt und die Musiker brauchten eigene Techniker, um sie zu warten und zu reparieren.

Die Verrückten spielen Module

Heute lassen sich Synths vollständig im Computer emulieren, die Software-Instrumente funktionieren in Echtzeit als Plug-ins einer DAW. Patches sind in unbegrenzter Zahl speicherbar und anfällige Bauteile gibt es nicht. Aber: Modulare Synthesizer sind wieder angesagt. Seit sich das Format Eurorack durchgesetzt hat, gibt es eine ständig wachsende Fan-Gemeinde. Die Faszination, echte Regler anzufassen und Kabelverbindungen zu stecken, ist sicher besonders groß, wenn man mit Computer und Maus aufgewachsen ist. Ältere Semester wollen „back to the roots“, keine Vorgaben, alles selbst erstellen und als einmaliges musikalisches Ereignis aufnehmen. Vielleicht entdeckt man so einen ganz neuen Sound oder bekommt die Inspiration für Musik, die einem am Computer nicht eingefallen wäre?

Doch auch bei den Plug-ins wird das Konzept der kombinierbaren Module, das eigentlich mit Native Instruments Reaktor schon lange existiert, wieder populär. Eine interessante Neuerscheinung habe ich getestet.

Kilohearts Phase Plant
Kilohearts Phase Plant
Komplexe Patches sehen ganz schön kompliziert aus!

Analoge Oszillatoren, Samples, Wavetables und ein Noise Generator erzeugen den Grundsound. Die verschiedenen Synthese-Techniken können gleichzeitig verwendet werden, Module lassen sich auch mehrfach einsetzen.

Die Bedienung

Das Plug-in kommt mit hunderten von fertigen Konfigurationen, die sich als Presets aufrufen lassen. Um einen eigenes Instrument zu erstellen, beginnt man mit dem Init Patch, das neben wenigen Reglern und Anzeigen drei leere Bereiche enthält. Das User-Interface lässt sich frei skalieren, eine sehr gute Eigenschaft, die zum Standard für alle Plug-ins werden sollte!

Init Patch
Init Patch
Die drei konfigurierbaren Bereiche sind zunächst leer.

Von oben nach unten, von links nach rechts:

Preset-Verwaltung und Versions-Info befinden sich in der Kopfleiste. Direkt darunter 8 konfigurierbare Makro-Regler, die zunächst nicht aktiv sind.

Der größte Bereich ist die generator area. Hier sind die Oszillatoren und Sound-Generatoren zu Hause, ein Pop-up Menü dient der Auswahl. Auch Filter- Output- und weitere Module lassen sich hier einsetzen.

Der Bereich rechts ist für die die snapin lanes. Snapins sind sozusagen Effekt-Plug-ins, die sich hier direkt in phaseplant einsetzen lassen. Neben den mitgelieferten können auch zugekaufte snapins von Kilohearts verwendet werden.
Darunter befindet sich die modulation area. LFOs, Hüllkurven oder MIDI-Signale modulieren von hier aus die Generatoren und Effekte.

Am unteren Rand lässt sich ein Keyboard einblenden.

Ich möchte hier gleich meine erste Eigenkreation vorstellen, die in kürzester Zeit entstanden ist, nachdem ich nur die Einführung der Anleitung gelesen hatte. Eigentlich hätte sogar die Beschreibung auf der Website von Kilohearts gereicht, um so weit zu kommen.

Mein erster Sound
Mein erster Sound
Der LFO unten links moduliert den Filter-Cutoff oben rechts in Lane 1
So klingt mein erster Versuch, alle Effekte sind Phase Plant intern.

Modulation

Eine Modulationsquelle – wie ein LFO – wird mit dem Modulationsziel – beispielsweise einem Filter-Modul – verknüpft, indem die Quelle in den Modulationsziel-Auswahl-Modus geschaltet wird. Wenn man mit dem Mauszeiger über ein Modul streicht, das als Modulationsquelle geeignet ist, erscheint ein kleiner Kreis mit einem Plus-Symbol. Ein Klick darauf aktiviert den Auswahl-Modus. Nun erscheint ein kleiner orangefarbener Modulations-Knopf. Durch Anklicken des Ziels verbindet man es mit der Quelle. In der Anleitung wird das meiner Meinung nach nicht sehr verständlich beschrieben. Der Modulations-Level wird mit dem Modulations-Knopf eingestellt, der auch als Drehregler dient. Mit Doppelklick darauf lässt sich eine Modulation entfernen. Die Verknüpfung mit einem Makro-Regler funktioniert genauso. Die Modulationen sind animiert und lassen sich so auch optisch kontrollieren.

Für das nächste Audio-Beispiel habe ich bis auf die Drums (Logic Drummer) nur Kilohearts Phase Plant eingesetzt. Als Lead-Sound habe ich meinen, weiter oben schon vorgestellten, ersten Versuch verwendet. Für die weiteren Instanzen wurden Preset-Sounds benutzt.

Hier sind 6 Instanzen Kiloherats Phase Plant aktiv; die Prozessor-Last ist recht gering.

Kilohearts ONE

Der “kleine Bruder” von Phase Plant, der (nicht modulare) Synth ONE gehört zum Lieferumfang.

Kilohearts ONE
Kilohearts ONE
Auch ONE hat viele Einstellungs-Möglichkeiten.
Ein Soundbeispiel mit einem editierten Preset von ONE.

Fazit

Kilohearts Phase Plant ist ein moderner virtueller Synthesizer mit modularem Konzept. Semi-modular trifft es noch genauer, denn einiges ist schon vor-verdrahtet, was aber die Arbeit nur erleichtert und keine Einschränkung bedeutet. Bei den Modulations-Verknüpfungen würde ich mir eine optische Anzeige des Pfads wünschen, während man die Quelle mit dem Ziel verbindet. Der einfachste Weg zum Sound führt über die Presets, die in Kategorien geordnet sind. Über die Makro-Regler lassen sich die wichtigsten Parameter schnell verändern, die Makros können auch mit der DAW-Automation gesteuert werden. Das Modul-System hat den Vorteil, dass nur Elemente angezeigt werden, die wirklich aktiv sind, dadurch wird alles übersichtlicher. Selbst Module zusammenzustellen ist einfach, aber wenn man komplexe Projekte verwirklichen will, kann es doch kompliziert werden. Das liegt aber in der Natur der Sache und nicht an der Software, die wirklich übersichtlich und verständlich konzipiert ist. Zum Lieferumfang gehört der kleine Kilohearts Synth „ONE“, einfach aber auch mit schönen Sounds.

Unterstützte Betriebssysteme

CPU 2GHz oder schneller

macOS 10.7 und neuer
Windows 7 und neuer

Plug-in Formate

AAX, AU, VST2

Preis

€ 169,- (Preisangabe unverbindlich, online ermittelt am 15. August 2019)

Bundles mit zusätzlichen Snapins sind ebenalls erhältlich. Preise of der Hersteller-Website.

Hersteller: kilohearts

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