Test: IK Multimedia – T-RackS Tape Machine Collection

Von | 1. August 2019

Vier klassische Tape Machines sind der neueste Zugang der IK Multimedia T-RackS Familie. Jede lässt sich als Modul innerhalb der Mastering-Suite einsetzen, oder auch einzeln als Plug-in in der DAW.

Analoges Tape Recording

Ich gehöre zu den Leuten, die noch mit Band-Maschinen-Recording aufgewachsen sind und kann mich gut an den Umgang damit erinnern. In den 1980er-Jahren hatte ich im Bremer „Viertel“ ein kleines 8-Spur-Studio. Als Mastering-Maschine diente eine Revox PR99, fast das gleiche Modell, das jetzt in der Collection von IK Multimedia als Plug-in zur Soundbearbeitung enthalten ist (der Nachfolger, PR99 Mark II). Als vor einigen Jahren die ersten Bandmaschinen-Emulationen auf den Markt kamen, fand ich das völlig verrückt! Zu gut konnte ich mich an die Probleme dieser Technik erinnern, vor allem an das Bandrauschen. Wenn die Aufnahmen mehrfach kopiert wurden, erhöhte sich jedes Mal der Rauschpegel. Die Geräte mussten gereinigt und gewartet werden: Entmagnetisieren der Tonköpfe, Einmessen der Vormagnetisierung, Frequenzband- und Pegel-Justierung. Zumindest in den Profi-Studios wurde das regelmäßig durchgeführt, damit eine Aufnahme, die in einem Studio gemacht wurde, in anderen Studios identisch klang. Das Ziel der Technik war, Klänge möglichst originalgetreu aufzunehmen und zu reproduzieren. Warum dann die kleinen, unvermeidlichen Klangveränderungen, also eigentlich Fehler der Analogtechnik, in die digitale Welt transportieren?

Revox PR 99 aus den 1980er-Jahren
Solide Technik: Meine Revox PR99 funktioniert seit mehr als 30 Jahren.

Hersteller der sehr zuverlässigen Revox-Geräte ist die Firma Studer aus der Schweiz. Meine PR99 funktioniert seit mehr als 30 Jahren, nur die Birnen in den VU-Metern müssten ausgewechselt werden.

Zum Kopieren meiner Aufnahmen besaß ich ein zweites Gerät, eine Revox B77. Die B77 war fast identisch mit der PR99, es handelte sich um das preiswertere Consumer-Modell. Um den Störabstand möglichst gering zu halten, habe ich immer einen ziemlich heißen Pegel gefahren. Der Durchschnittspegel ging bis an den roten Bereich, Kick und Snare ließen die Peak-LEDs im Rhythmus aufleuchten. Manchmal hatte ich den Eindruck, die Kopie klänge besser als das Original. Ich hielt das für Einbildung. Heute denke ich, dass das genau der Sättigungseffekt war, der gegenwärtig durch Software wieder nachgebildet wird! Das neueste Software-Produkt ist die IK Multimedia T-RackS Tape Machine Collection.

Mastering-Programm T-RackS 5 mit Tape Machine

Die Bedienung

Die schöne Grafik der IK Multimedia Tape Machines zeigt das Bedienungs-Panel, den Bereich der Tonköpfe und einen Teil der Tonbandspulen. Während in Deutschland in Tonstudios und beim Rundfunk sogenannte „Bobbys“, offene Wickelkerne, üblich waren, wurden woanders Spulen verwendet. Während die DAW läuft, drehen sich auch die animierten Spulen des Plug-ins, je nach eingestellter Bandgeschwindigkeit langsam oder schneller. Die VU-Meter zeigen den Pegel an. Leider gibt es keine Peak-Anzeige. Die Presets lassen deutlich die unterschiedlichen Möglichkeiten der Soundveränderung hören. Die Parameter lassen sich aber auch nach eigenen Vorstellungen einstellen. Auf eine Nachbildung des Bandrauschens hat IK Multimedia verzichtet. Kein Nachteil, finde ich!

Was lässt sich einstellen?

Alle Modelle bilden sehr detailreich die Klangeigenschaften ihrer Vorbilder nach. Mit dem Schalter INPUT/NPUT REPRO wählt man entweder das bereits durch den Signalweg geringfügig gefärbte Eingangssignal oder das Hinterband-Signal, das alle Komponenten bis zur Ausgangsstufe der Maschine durchlaufen hat. TRUE STEREO generiert leichte Pegel- und Frequenzabweichungen zwischen den Stereokanälen, wie sie bei analogen Maschinen entstehen. Die Stereobasis erscheint dadurch leicht verbreitert. TAPE FORMULA ermöglicht die Wahl einer von vier der am meisten verwendeten Bandmaterial-Sorten. TAPE SPEED schaltet zwischen den beiden im Profibereich üblichen Bandgeschwindigkeiten um: 15 und 30ips (inches per second). Die Begriffe „Wow“ und „Flutter“ spielen beim digitalen Recording keine Rolle, es sei denn man ruft „Wow! Ist das ein geiler Sound!“ Aber Spaß bei Seite, es handelt sich um zwei Arten von minimalen Gleichlaufschwankunge; je geringer die Prozentzahl, desto besser die Bandmaschine. Aber ganz ohne ging es nicht, deshalb gehören sie zur realistischen Emulation dazu. Wer das als zu realistisch empfindet, kann im Plug-in die Funktion TRANSPORT MODELING ausschalten. Kalibrierungen, die vom Techniker regelmäßig durchgeführt werden mussten, lassen sich in der Software ebenfalls einstellen. Man kann sie per AUTO CALIBRATION auf Idealwerte bringen, oder auch absichtlich verstellen. Dabei geht es um die Vormagnetisierung des Bandes (Bias) und diverse Pegel und Frequenzgang-Kalibrierungen.

Presets und Audio-Beispiele

Jede Tape Machine verfügt über eine Reihe von Presets, die sich je nach Gerät unterscheiden. Für meine Hörbeispiele habe ich jeweils ein Preset ausgesucht, das mir gefiel. Die Bandgeschwindigkeit dieser Presets ist unterschiedlich, TRUE STEREO und TRANSPORT MODELING sind immer eingeschaltet. Natürlich sind die Sound-Unterschiede sehr gering und am besten mit guten Lautsprechern oder Kopfhörern zu beurteilen! Diese teueren Maschinen sollten ja den Klang möglichst wenig beeinflussen. Am besten hört man die Unterschiede, wenn man sich auf ein einziges Instrument konzentriert, z.B. Bass oder Hi-Hat.

Die Modelle

Tape Machine 24

Die MCI JH24 war die meistbenutzte 24-Spur 2-Zoll Bandmaschine während der 1980er Jahre in den USA.

IK Multimedia Tape Machine 24
MCI JH24

Bei diesem und den drei folgenden Hörbeispielen habe ich die Tape-Simulation nach vier Takten eingeschaltet. Die verwendeten Presets entsprechen den Screenshots.

Nach 4 Takten wird das Plug-in Tape Machine 24 eingeschaltet!

Tape Machine 80

Die Studer A80 wurde von 1970 bis 1988 hergestellt. Es gab Mono-, 2-Spur-, 8-Spur-, 16-Spur- und 24-Spur-Versionen. Die Plug-in-Grafik zeigt ein Stereogerät A80 Mark II.

IK Multimedia Tape Machine 80
Studer A80
IK Multimedia Tape Machine 440

Tape Machine 440

Die Ampex 440B kam bereits Ende der 1960-er Jahre auf den Markt und wurde bei vielen berühmten Produktionen eingesetzt.

IK Multimedia Tape Machine 440
Ampex 440B
IK Multimedia T-RackS Tape Machine 440

Tape Machine 99

Die Revox PR99 Mark II wurde ebenfalls vom Schweizer Hersteller Studer produziert. Sie wurde oft bei Rundfunkstationen eingesetzt und war auch zum Aufnehmen klassischer Musik beliebt. Sie war nicht so teuer wie die Maschinen, die unter der Marke Studer vertrieben wurden und deshalb auch für kleinere Studios erschwinglich.

IK Multimedia Tape Machine 99
Revox PR99 Mark II
IK Multimedia T-RackS Tape Machine 99

Nachdem ich wegen der Vergleichbarkeit bisher jedesmal als Hörbeispiel die selbe Gitarrenband-Aufnahme verwendet habe, zum Schluss ein Beispiel mit rein elektronischen Sounds. Ich habe noch einmal die IK Multimedia Tape Machine 80 eingesetzt, ebenfalls mit dem Preset Pristine Mastering. Hier habe ich schon nach 2 Takten das Plug-in zugeschaltet!

IK Multimedia T-RackS Tape Machine 80 – elektronische Musik

Tapes

Weil auch das Bandmaterial Einfluss auf den Sound hat, lässt sich jede Maschine mit vier unterschiedlichen Tonbändern ausstatten.

Bandsorten
Foto:© IK Multimedia

Fazit

Es gibt zahlreiche Plug-ins auf dem Markt, die Röhren- und Tonbandsättigungs-Effekte nachbilden, auch IK Multimedia hat mit „Saturator X“ eines im Programm. Hinzu kommen entsprechende Features innerhalb von Mastering-Software und Enhancer und Exciter, die Obertöne verstärken oder generieren. Wer jedoch den Tape-Sound möglichst originalgetreu haben will, kommt um Spezial-Plug-ins wie die Module der IK Multimedia Tape Machines Collection nicht herum. Hier werden auch winzige Gleichlaufschwankungen und Veränderungen des Stereobilds emuliert. Für eine realistische Wirkung muss die Soundbeeinflussung gering eingestellt werden, wenn es aber nur um einen Effekt geht, kann man natürlich auch übertreiben. Die vier Module der Tape Machines Collection können innerhalb der Standalone-Version und der Plug-in-Variante von IK Multimedia T-RackS 5 verwendet werden, sind aber auch als Single-Plug-ins einsetzbar. Die animierte grafische Gestaltung ist sehr ansprechend, die freie Skalierbarkeit der Plug-ins ist vorbildlich. Die IK Multimedia Tape Machines Collection sorgt für einen aufgefrischten, verdichteten Sound, der digitalen Produktionen etwas von der „Lebendigkeit“ einer analogen Bandaufnahme hinzufügt.

Betriebssysteme

macOS 10.9 oder höher (64Bit), Windows 7 oder höher (64Bit)

Plug-in Formate

Audio Units, VST 2, VST 3, AAX

Preis

Collection: €199,99
Einzelmodule: €99,99
Alle Preise zzgl. Umsatzsteuer!
Preisangaben ohne Gewähr. Die Preise wurden am 01.08.2019 online ermittelt.

Hersteller

IK Multimedia

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