Test: ToneBoosters – Enhancer

Von | 8. Juli 2019

ToneBoosters Enhancer ist ein Plug-in, das Obertöne im Sound verstärken und zusätzliche generieren kann. Enhancer bietet bietet mehr und flexiblere Einstellungsmöglichkeiten, als andere Hard- oder Softwareprodukte seiner Art und bewirkt eine effektive Klangverbesserung.

In einer Blog-Diskussion habe ich gelesen: „Kommt das Plug-in aus einem Land, in dem Cannabis frei erhältlich ist?“ „Ja, aus Holland.“ In dieser Diskussion ging es um die Bedienung, die zwar auf den ersten Blick sehr einfach ist. Aber wenn man genau wissen will, was Enhancer eigentlich macht, sobald man Einstellungen verändert, wäre eine Bedienungsanleitung hilfreich. Die wird nicht mit installiert. Auf der Website von ToneBoosters konnte ich sie aber im Bereich Support unter der Überschrift Where can I find the manual? finden. Leider ist die Anleitung nur ein Teil des gemeinsamen Manuals für alle Plug-ins des Herstellers (ab S.96).

Exciter und Enhancer

Der erste „Klangverbesserer“, der für Aufregung in der Tonwelt sorgte, war der Aphex Aural Exciter, der in den 1970er-Jahren in die Studios kam. Zunächst war das ein geheimnisvolles Gerät, das nur für viel Geld vermietet, aber nicht verkauft wurde. Andere Firmen brachten ebenfalls ähnliche Geräte auf den Markt und auch Aphex verkaufte später viele Einheiten vom Modell C, das sogar für Homestudios erschwinglich war. Ein Exciter erzeugt künstlich Obertöne und macht damit den Sound höhenreicher und transparenter. Der Enhancer ist eng verwandt mit dem Exciter, er analysiert das Signal und verstärkt vorhandene Obertöne. Als Grund für den Einsatz von Exciter und Enhancer wurde früher oft angegeben, dass man damit dem Sound Bestandteile zurückgeben könnte, die innerhalb der Signalkette (Mikrofon, Mischpult, Tonbandmaschine) verloren gegangen wären. Das klingt heute vielleicht seltsam, denn man versucht jetzt oft mit Hilfe von Plug-ins den typischen Sound eines analogen Mischpults und die Klang-Eigenschaften von Tonbandmaschinen digital zu emulieren.

Mein Aphex Aural Exciter, gekauft ca. 1985, verkauft 2010

Meine ersten Erfahrungen mit Klangverbesserern machte ich 1979/80, als im Bremer Tonstudio Nord das Album „Starchaser“ meiner damaligen Band Thirsty Moon aufgenommen wurde. Wolfgang Roloff, Studiobesitzer, Tonmeister, Musiker und auch Erfinder begrüßte uns eines Tages mit den Worten: „Ich habe A-B-C-phex erfunden“. Er hatte selbst eine Schaltung gebaut, die gleich drei Frequenzbereiche bearbeiten konnte. Das klang gut und der Effekt wurde beim Mix des Albums eingesetzt. Deshalb erlebte ich jetzt ein Déjà-vu: ToneBoosters Enhancer verfügt ebenfalls über drei Frequenzbänder, die gleichzeitig „enhanced“ werden können.

ToneBoosters Enhancer

ToneBoosters Enhancer – User Interface

Die Kopfzeile enthält die Preset-Verwaltung mit Kopierfunktion und A/B-Vergleich, das Settings-Menü und die Einstellung für die Größe des Plug-in Fensters. Mir gefällt besonders gut, dass man die Größe selbst bestimmen kann, so lässt sich die Grafik an jeden Monitor anpassen. Auch verschiedene Farbdarstellungen lassen sich wählen. Ich vermisse aber einen Button zum Aufrufen des Manuals.

Im mittleren Bereich sind die drei Frequenzbänder Bass, Mid und Treble als halbtransparente Farbflächen zu sehen. Innerhalb der drei Bereiche werden die Analyse-Bänder dargestellt. Sie sind an den Kanten abgeschrägt. Wo sich die Bereiche überlappen, entstehen hellere Flächen. Das ist meiner Meinung nach nicht sofort zu durchschauen, man kommt aber dahinter, wenn man die Anfasser verschiebt.

Es gibt zwei Sorten davon. Anfasser, die wie kleine Tragegriffe aussehen, lassen sich horizontal und vertikal mit der Maus verschieben. Horizontales Verschieben bestimmt den Frequenz-Schwerpunkt für die Analyse. Am unteren Rand des Displays werden zur Orientierung die Frequenzen in Hz und kHz angezeigt. Während ein Anfasser bewegt wird, erscheinen x-y-Koordinaten für präzises Positionieren. Mit dem Mousewheel lässt sich der Analyse-Bereich enger oder weiter einstellen, bei meinem Trackpad geht das mit der 2-Finger Geste, wenn sich der Cursor über einem Anfassen befindet.

Anfasser mit drei senkrechten Linien lassen sich ebenfalls frei positionieren. Sie bestimmen die Bandweite und im Bass den Pegel der synthetisch generierten Sub-Bass Frequenzen (eine Oktave unter dem tatsächlich gespielten Basston). Im Höhenbereich werden damit die synthetischen Supra-harmonics geregelt.

x/y-Koordinaten helfen beim Positionieren der Anfasser.

Im Hintergrund des Displays hilft ein Spectrum-Analyser, der in Echtzeit arbeitet, bei der Einstellung des Enhancers. Sehr hilfreich ist die Monitor-Funktion, mit der man alle drei Frequenzbänder einzeln abhören und Veränderungen der Einstellungen beurteilen kann. Jedes der drei Frequenzbänder lässt sich auch ausschalten.

Mit den Drehreglern Bass, Mid und Treble lässt sich der jeweilige Anteil am Mix regeln. Der große Regler Mix bestimmt den Gesamt-Pegel des Effekts. With bewirkt eine Stereoverbreiterung, die das Stereo-Panorama erweitert. Das klingt sehr natürlich und ist deutlich wahrnehmbar. Mit Range wird ein Kompressor für das Effektsignal in der Intensität gesteuert, Attack und Release des Kompressors werden automatisch bestimmt. Timbre regelt die Stärke der Anpassung des Gesamteffekts an bestimmte Sound-Kategorien, die sich unterhalb des Reglers auswählen lassen (siehe Abbildung).

Timbre-Auswahlmenü

Das Manual sagt dazu: Die „Timbre“-Kontrolle passt den spektralen Inhalt und das Timbre des Audiosignals dynamisch an die inhaltlichen Kategorien an. Das geschieht mit Hilfe künstlicher Intelligenz. (Text aus dem Englischen übersetzt und etwas gekürzt). Was in diesem Bereich aber genau passiert, behält die künstliche Intelligenz für sich!

Gain bestimmt den Ausgangspegel des Plug-ins, also den Pegel des Originalsignals und des Effektsignals gemeinsam.

Mehrkanal-Formate

Ausprobieren konnte ich es leider nicht, aber ToneBoosters Enhancer unterstützt bis zu 16 Audiokanäle und kann unter anderem zur Produktion von Dolby Atmos Projekten verwendet werden. Sampling-Raten von 32 bis 384 kHz werden unterstützt.

Hörbeispiele

Um die Wirkung des Plug-ins deutlich zu machen, habe ich absichtlich übertrieben. Bei einer Produktion, die musikalisch klingen soll, ist weniger oft mehr!

Logic-Drummer ohne Enhancer:

Drumtrack, Enhancer ausgeschaltet.

Mit dem Preset-Sound Drum Enhancer klingt es so:

Drumtrack, Enhancer eingeschaltet, Preset Drum Enhancer

Das selbe Preset, aber Sub-Bass ausgeschaltet:

Drum Enhancer ohne Sub-Bass

Ein kurzer Instrumental-Track, hier ohne Enhancer:

Instrumental, Enhancer ausgeschaltet.

Der gleiche Mix mit Enhancer:

Instrumental, Enhancer eingeschaltet

Ein Synthesizer-Song, produziert mit Propellerhead Reason, ohne Enhancer:

Synthesizer-Song, Enhancer ausgeschaltet.

Der gleiche Mix mit Enhancer:

Synthesizer-Song, Enhancer eingeschaltet.

Fazit

ToneBoosters Enhancer ist ein Tool zur Klangverfeinerung und kein Werkzeug, mit dem man einen Sound stark verändert. Ein gut klingendes Instrument und ein gelungener Mix bekommen Glanz und Transparenz und auf Wunsch auch mehr Druck im Bassbereich. Neben der Default-Einstellung, die auch schon den Sound verbessert, gibt es nützliche Presets, z.B. „Drum Enhancer“, „Instrument Enhancer“ oder „Mix Maximizer“. Mit wenigen Einstellung lassen sich Bass-, Mitten- und Höhenbearbeitung anpassen. Dazu sind sowohl die Anfasser, als auch die Drehregler sinnvolle Bedienelemente. Sehr gut finde ich die Kontrollmöglichkeit, alle drei Bereiche einzeln abzuhören; hinzu kommt der Spektrum-Analyser als optische Kontrolle. Die Möglichkeit, die Größe des Plug-in-Fensters stufenlos einzustellen, finde ich sehr gut. Für ein Update wünsche ich mir ein Manual, das sich direkt im Plug-in aufrufen lässt und eine optische Anzeige von Input- und Output-Pegel.

ToneBoosters Enhancer ist eine Bereicherung bei der Arbeit mit der DAW und meiner Ansicht nach allen bisherigen Hardwaregeräten und Software-Plug-ins mit der Bezeichnung „Enhancer“ überlegen!

Betriebssysteme

Mac:
Intel CPU, OS X 10.10 oder höher
64 Bit Host Programm (DAW)

Windows:
SSE2 CPU, Windows 7 SP1 oder höher
32-Bit oder 64 Bit Host Programm (DAW)

Plug-in Formate

VST, AAX, AU

Preis

€ 39,- (Preisangabe unverbindlich, online ermittelt am 08. Juli 2019)

Hersteller

ToneBoosters

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